Scheinselbstständigkeit oder Selbstständigkeit?

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Scheinselbstständigkeit - Statusfeststellung - DRV - Deutsche Rentenversicherung - Betriebsprüfung

Die Grenzen zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbstständigen Tätigkeit zu erkennen und Beschäftigungsverhältnisse richtig zu beurteilen, stellt für Auftraggeber eine große Herausforderung dar. Allein aus finanzieller Sicht lohnt es sich, die Kriterien einer selbstständigen Tätigkeit und einer Scheinselbstständigkeit zu kennen und anzuwenden.

Scheinselbständigkeit birgt ein hohes Kostenrisiko

Warum es sich lohnt? Das lässt sich einfach beantworten: Stellt der Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) nachträglich Scheinselbstständigkeit bei freien Mitarbeitern im Betrieb fest, kann das sehr teuer werden. Besonders wenn Beiträge für mehrere Jahre nachgefordert werden und noch Säumniszuschläge oben draufkommen.

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Die Kriterien für die Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbstständigen Tätigkeit des Angestellten bzw. des Auftragnehmers sind sehr komplex. Zahlreiche Falschauskünfte kursieren dazu, wonach es angeblich für eine selbstständige Tätigkeit ausreichend sei, wenn der Auftragnehmer mehrere Auftraggeber habe oder eine GmbH/UG betreibe, was schlichtweg falsch ist.

Dies zeigt, das fachkundige Unterstützung dringend erforderlich ist, um hohe Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge und ein etwaiges Strafverfahren zu vermeiden, die durch ein Statusfeststellungsverfahren oder eine Betriebsprüfung der DRV drohen.

Anwaltliche Hilfe bei der Abgrenzung ist ratsam

In diesem Beitrag soll dazu ein Kriterienkatalog aufgezeigt werden, wonach eine Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen werden kann. Dabei wird darauf hingewiesen, dass diese Kriterien nur Anhaltspunkte darstellen und eine Prüfung durch einen qualifizierten Anwalt im Einzelfall nicht ersetzen können.

Indizien für abhängige Beschäftigung

Indizien für Selbstständigkeit

(1) Formale Kriterien

(1) Formale Kriterien

  • (ausdrücklicher) Arbeitsvertrag

  • fehlende Gewerbeanmeldung

  • fehlender Handelsregistereintrag

  • fehlende eigene Betriebsnummer

  • fehlende eigene Steuernummer

  • andere Vertragsbeziehung

  • Gewerbeanmeldung

  • Handelsregistereintrag

  • eigene Betriebsnummer

  • eigene Steuernummer

(2) Persönliche Umstände

(2) Persönliche Umstände

  • fehlende kaufmännische Kenntnisse

  • fehlende Fachkenntnisse

  • unzureichende Sprachkenntnisse

  • fehlende (eigene) Erlaubnis / Genehmigung für Tätigkeit (zB Taxikonzession, etc)

  • Mitgliedschaft Arbeitnehmerorganisationen (z.B. Gewerkschaften)

  • kaufmännische Kenntnisse

  • Fach- und Spezialkenntnisse

  • vorhandene Sprachkenntnisse

  • erforderliche Erlaubnisse / Genehmigungen vorhanden

  • Mitgliedschaft in Berufsverbänden, IHK, Handwerkskammer etc

(3) Integration in Betriebsablauf des Arbeitgebers/Weisungsgebundenheit

(3) Keine Integration in Betriebsablauf, fehlende Weisungsgebundenheit

  • Eingliederung in betrieblichen Arbeitsablauf / Produktionsprozess

  • einfache / untergeordnete Tätigkeiten

  • Schulden der Arbeitskraft

  • enge Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern

  • identische Tätigkeit wie sonstige Arbeitnehmer des Unternehmens

  • Vorgaben zu Arbeitszeit, Beginn und Ende der Tätigkeit sowie Pausenzeiten

  • Vorgaben zum Arbeitsort

  • fehlende eigene Betriebsstätte

  • Verbringung zum Arbeitsort geregelt

  • Planung / Organisation der Tätigkeit durch Arbeitgeber

  • konkrete Vorgaben zur Durchführung der Tätigkeit

  • persönliche Leistungserbringung

  • Verpflichtung zur Ausführung der Tätigkeit

  • Kontrollen / Berichtspflichten

  • feste / gleich bleibende Vergütung

  • arbeitnehmertypische Lohnbestandteile z.B. Überstundenvergütung)

  • Lohnabrechnung durch Arbeitgeber

  • Nutzung gestellter Arbeitsmittel

  • Nutzung gestellten Arbeitsmaterials

  • fehlende Mitbestimmung bei Auswahl von Arbeitsmitteln und -material

  • kein Aufkommen für Nebenkosten

  • Bekleidungsvorschriften / Firmenkleidung

  • Urlaubsanspruch / Lohnfortzahlung im Urlaub

  • Wettbewerbs- / Konkurrenzverbot

  • Beherbergung durch Arbeitgeber

  • fehlende Eingliederung in betrieblichen Arbeitsablauf / Produktionsprozess

  • Verrichtung besonderer Tätigkeit(en)

  • Schulden des Arbeitserfolgs

  • Individuelle / trennbare Arbeitsleistung

  • abweichende / weitergehende Tätigkeit wie angestellte Arbeitnehmer

  • freie Einteilung von Arbeitszeit, Beginn und Ende der Tätigkeit sowie Pausenzeiten

  • fehlende Vorgaben zum Arbeitsort

  • eigene Betriebsstätte / Geschäftsräume

  • eigenes Aufsuchen des Arbeitsorts

  • eigene Planung / Organisation der Tätigkeit

  • fehlende Vorgaben zur Durchführung der Tätigkeit

  • Delegations- / Vertretungsmöglichkeit

  • Ablehnen von Aufträgen möglich

  • fehlende Kontrollen / Berichtspflichten

  • variable Vergütung

  • fehlender Anspruch auf typische Arbeitgeberleistungen

  • eigene Abrechnung / Rechnungsstellung

  • Nutzung / Beschaffung eigener Arbeitsmittel

  • Nutzung / Beschaffung von Arbeitsmaterial

  • eigene Auswahl von Arbeitsmitteln und -material

  • Aufkommen für Nebenkosten (zB Kraftstoff, Wartung, Reparatur, etc)

  • fehlende Bekleidungsvorschriften / eigene Firmenkleidung

  • fehlende(r) Urlaubsanspruch / Lohnfortzahlung im Urlaub

  • fehlendes Wettbewerbs- / Konkurrenzverbot

  • eigene Beherbergung

(4) Fehlende(s) Unternehmerinitiative/-risiko

(4) Vorhandene(s) Unternehmerinitiative/-risiko

  • fehlender Kapitaleinsatz

  • fehlende Unternehmerinitiative (Eigenwerbung, Kundenakquise, feste Preise etc)

  • Auftreten im Namen des Arbeitgebers

  • (Vollzeit-) Tätigkeit für einen Arbeitgeber

  • keine Beschäftigung eigener Arbeitnehmer

  • fehlende Gewinn- und Verlustbeteiligung

  • Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

  • Arbeitgeber trägt Risiko der Schlecht- oder Nichterfüllung durch Arbeitnehmer

  • fehlende (eigene) Versicherungen

  • fehlendes Geschäftskonto

  • eigener Kapitaleinsatz

  • eigene Unternehmerinitiative (Werbung, Kundenakquise, Rabattgewährung etc)

  • Auftreten nach außen in eigenem Namen

  • (zeitliche Möglichkeit zur bzw. tatsächliche) Tätigkeit für mehrere Auftraggeber

  • Beschäftigung eigener Arbeitnehmer

  • Gewinnchancen und Verlustrisiko

  • fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

  • eigenes Risiko der Schlecht- oder Nichterfüllung

  • eigene Versicherungen

  • eigenes (gesondertes) Geschäftskonto

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Lehmann

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