Unwirksame Gebote durch Gläubiger in der Zwangsversteigerung

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Unwirksame Gebote durch Gläubiger in der Zwangsversteigerung

Verfügt der Schuldner einer titulierten Forderung über Immobilieneigentum, kann der Gläubiger seinen Anspruch über die Zwangsversteigerung realisieren.

Das Vollstreckungsgericht achtet darauf, dass die Immobilie möglichst nicht unter Wert veräußert wird. Dazu gelten die folgenden kurz dargestellten Regeln:

Liegt das höchste Gebot (das sogenannte Meistgebot) unterhalb von 7/10 des Verkehrswertes der Immobilie, muss der Zuschlag auf Antrag eines Berechtigten (in der Regel eines Gläubigers) versagt werden. Bei einem Meistgebot, das weniger als 5/10 des Verkehrswertes beträgt, ist der Zuschlag von Amts wegen (also auch ohne Antrag) vom Vollstreckungsgericht zu versagen. In beiden Fällen wird ein neuer Versteigerungstermin anberaumt, in dem dann die vorgenannten Wertgrenzen nicht mehr gelten. Wird dagegen in einem ersten Termin kein Gebot abgegeben, sind auch im Folgetermin die Grenzen zu beachten.

Bisher war es im ersten Termin bei ausbleibenden Erwerbsinteressenten üblich, dass der Gläubiger die Wertgrenzen zur Vorbereitung eines weiteren Termins selbst beseitigte. Dazu gab der Gläubigervertreter im eigenen Namen ein Gebot ab, dass unterhalb der Grenze von 5/10 des Verkehrswertes lag. Das Vollstreckungsgericht versagte dann den Zuschlag wegen Nichterreichens der Wertgrenzen. Diese wurden dann in einem weiteren Termin nicht mehr beachtet.

Auf diese Weise konnte eine Immobilie ggf. deutlich unter Wert vermarktet werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im Jahre 2007 auf die Beschwerde eines Schuldners zu entscheiden, ob ein solches Vorgehen erlaubt ist. Das Gericht verneinte dies mit folgender Begründung:

Gebote, die nicht zum Zwecke des Erwerbs sondern lediglich zur Beseitigung der Wertgrenzen abgegeben würden, seien rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam. Sie würden Schuldnerschutzvorschriften aushebeln, die eine wertentsprechende Veräußerung ermöglichen sollen. Bei einem vom Gläubigervertreter abgegebenen Eigengebot unterhalb der 5/10 Grenze spräche eine Vermutung für das vorerwähnte missbräuchliche Vorgehen.

In einer weiteren Entscheidung aus 2008 hat der BGH diesen Grundsatz auch dann angewandt, wenn ein Dritter, der kein Erwerbsinteresse hat und lediglich als verlängerter Arm des Gläubigers agiert, ein Gebot unterhalb der Wertgrenzen abgibt.

Handlungsempfehlung

Gläubigern ist zu raten, die Abgabe von Geboten unterhalb der Wertgrenzen den im ersten Versteigerungstermin anwesenden Erwerbsinteressenten zu überlassen.

Schuldner sollten bei einem die Wertgrenzen nicht erreichenden Meistgebot des Gläubigervertreters im gleichen Termin einen Antrag auf Zurückweisung des Gebots stellen. Aber auch dann, wenn das versäumt wurde, sind in einem weiteren Termin trotzdem die Wertgrenzen zu beachten. Auf ein im Folgetermin abgegebenes Meistgebot, das die 5/10-Grenze nicht erreicht, darf kein Zuschlag erteilt werden, da im ersten Termin kein wirksames Gebot abgegeben wurde.

Die Abgabe eines Gebotes unterhalb der 5/10 bzw. der 7/10 Grenze durch eine dritte Person ist grundsätzlich legitim. Etwas anderes gilt nur, wenn der Schuldner darlegen und beweisen kann, dass dieser kein eigenes Erwerbsinteresse hat und lediglich für den Gläubiger agiert.

In einschlägigen Fällen sollte ein möglichst mit der Materie vertrauter Rechtsanwalt beauftragt werden. Sofern Sie meine Hilfe benötigen, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.


Rechtsanwalt – Bankkaufmann
Bernhard J. Faßbender
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