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Grenzbebauung

Rechtsberatung und Informationen zu Grenzbebauung und Nachbarschaftsrecht.

Jeder Grundstücksbesitzer möchte seinen Grund und Boden nach seinen Vorstellungen gestalten. Die Einhaltung der Grenzabstände birgt dabei aber immer wieder viel Konfliktpotenzial. Wer möchte schon auf eine Garage schauen oder auf Tageslicht durch hohe Bäume verzichten? Sollte man aber wirklich mit dem Maßband nachmessen oder gibt es vielleicht sogar auch Abstandsverstöße, die zu dulden sind? Was zu Grenzbebauung zählt und welche Regeln es dabei zu beachten gibt, erfahren Sie hier.

Das sagt das Gesetz

§ 905 BGB - Begrenzung des Eigentums

1Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. 2Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat.

§ 910 BGB - Überhang

(1) 1Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. 2Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

§ 912 BGB - Überbau; Duldungspflicht

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
(2) 1Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. 2Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

Häufige Fragen & Antworten

Welche Regelungen muss ich bei Grenzbebauung beachten?

Im Rahmen des zivilrechtlichen Nachbarrechts geht es um eine Einschränkung des eigenen Eigentums an seinem Grundstück durch zivilrechtliche Regelungen insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Hierzu zählen insbesondere das Nachbarrecht des BGB, das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis aus Treu und Glauben und die privatrechtlichen Nachbarrechtsregelungen der Bundesländer (Nachbarrechtsgesetze).

Das Eigentum am eigenen Grundstück und die Ausnutzung des eigenen Grundstücks wird jedoch auch durch öffentlich-rechtliche Vorschriften und Regelungen eingeschränkt. Hier sind insbesondere die Regelungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts sowie des Raumordnungsrechts zu nennen. Auch Naturschutz- und öffentliches Umweltschutzrecht stehen der uneingeschränkten Nutzung des eigenen Grundstücks entgegen. (von Rechtsanwalt Johannes Schneider)

Gibt es Grenzbauanlagen, für die die Grenzabstände nicht gelten?

Ja: Die im Baurecht geltenden Abstandsregelungen gelten nur für Gebäude oder gebäudeähnliche Anlagen, nicht aber für Kinderspielgeräte, da diese keine Gebäude sind. (von Rechtsanwältin Constanze Becker)

Dringend?

Besser gleich einen Anwalt fragen

Muss der Nachbar bei einer geplanten Grenzbebauung zustimmen?

Ist für die Erteilung der Baugenehmigung eine Ausnahme oder Befreiung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften erforderlich, sollten Sie vor Einreichung des Bauantrags den Lageplan und die Bauzeichnung Ihrem Nachbarn zur Unterschrift vorlegen. Unterschreibt der Nachbar, so gilt dies als Zustimmung zu dem Bauvorhaben. Spätere Rechtsbehelfe des Nachbarn gegen die Baugenehmigung sind dann ausgeschlossen.

Unterschreibt Ihr Nachbar nicht, nur unter Vorbehalten oder widerruft er seine Zustimmung rechtzeitig, so hat er die Möglichkeit, die Baugenehmigung mit Rechtsmitteln anzufechten. Entspricht das Vorhaben aber bauordnungsrechtlichen Vorschriften, so brauchen Sie nicht zu befürchten, dass Ihr Nachbar durch die Einlegung von Rechtsbehelfen ihre Bauplanungen sabotiert.

Gibt es bei der Grenzbebauung Mindestabstände, die einzuhalten sind?

Ja, die gibt es in jedem Bundesland. Grundsätzlich muss z.B. in NRW jede bauliche Anlage einen seitlichen Grenzabstand von 3m zum Nachbarn einhalten. Dieser Abstand wird von den Gemeinden und auch von den Verwaltungsgerichten penibel überwacht. Zum Glück gibt es für Garagen und Gerätehäuser Ausnahmen, meist darf bis zu einer Länge von max. 9m an einer Grenze gebaut werden; bei Gartenhäusern gilt dies aber nur, wenn es sich um einen reinen Geräteschuppen und nicht um einen Aufenthalts- oder Partyraum handelt. Eine vorherige Nachfrage bei der Stadt ist in jedem Fall geboten, zum Teil müssen solche Anlagen trotzdem genehmigt werden. (von Rechtsanwalt Ralf Thormann)

Gibt es bei Grenzbebauung durch Grenzgaragen Besonderheiten?

§ 6 Absatz 10 Nr. 1 HBO regelt, dass derartige Bauvorhaben eine Privilegierung in der Weise genießen, dass sie ohne Einhaltung von Abstandsflächen unmittelbar an der Nachbargrenze zulässig sind. In seinem Urteil vom 07.01.2008 urteilte das Verwaltungsgericht Gießen AZ. 1 E 2374/07 jedoch, dass wenn bereits eine privilegierte Grenzgarage auf dem Grundstück vorhanden ist, ein weiteres Garagenvorhaben nicht das Garagenprivileg nach § 6 Absatz 10 Nr. 1 HBO beanspruchen kann. Eine Grundstücksteilung zur Legalisierung einer zweiten Garage ist in diesem Zusammenhang unzulässig.

Was muss ich durch eine Grenzbebauung durch eine Hecke beachten?

Im Hinblick auf Pflanzen haben die meisten Nachbarschaftsgesetze der einzelnen Bundesländer oftmals detaillierte Regelungen, mit welchen Abständen zur Grundstücksgrenze welche Bäume, Sträucher und Hecken zu pflanzen sind und welche Höhe insbesondere Hecken einzuhalten haben. Je nach Art der Hecke und dem Abstand von der Grundstücksgrenze sind Heckenhöhen zwischen zwei bis drei Metern zulässig und vom Nachbarn hinzunehmen. (von Rechtsanwalt Johannes Schneider)

Kann mein Nachbar die Grenzbebauung zum Stillstand bringen?

Durch die Neufassung des Baugesetzbuchs von 1998 hat ein Nachbarwiderspruch gegen ein genehmigtes Vorhaben keine aufschiebende Wirkung mehr. Der Nachbar kann das Bauvorhaben also durch einen Widerspruch nicht mehr zum vorläufigen Stillstand bringen. Der Nachbar hat allerdings die Möglichkeit, bei der Baugenehmigungsbehörde oder beim Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs zu beantragen.

Was droht Nachbarn, wenn die Grenzbeauung zu nah an einem fremden Grundstück gebaut wurde?

Es ist beispielsweise nicht ohne Weiteres möglich, einfach irgendwelche baulichen Anlagen wie Hauseingangsüberdachungen, Carports, bestimmte Mauern oder auch Gartenhäuser in bestimmten Ausmaßen ohne Genehmigung des örtlichen Bauamts zu errichten. Werden solche baulichen Anlagen und Gebäude dennoch ohne Genehmigung errichtet (sog. „Schwarzbau"), so haben die Bauordnungsämter verschiedene Möglichkeiten hiergegen vorzugehen. Die stärkste Sanktion, die der Behörde zur Verfügung steht, ist die Abrissverfügung. Im Hinblick auf die Nachbarn ist bei baulichen Anlagen tunlichst auf die Einhaltung von gesetzlich erforderlichen Grenzabständen (Abstandsflächen) zu achten. Da es sich hierbei regelmäßig um „Zentimeterrecht" handelt, können bereits Verletzungen des Grenzabstandes von wenigen Zentimetern im Zweifel zum Abriss des gesamten Gebäudes führen. (von Rechtsanwalt Johannes Schneider)

Gibt es Fälle, in denen der Nachbar eine zu nahe Grenzbebauung dulden muss?

Ja. Wird bei der Errichtung eines Gebäudes die Grundstücksgrenze leicht verschuldet überbaut, muss der Nachbar – gegen Entschädigung – den Überbau dulden, sofern er nicht spätestens sofort nach Grenzüberschreitung widerspricht (§ 912 BGB). (von Rechtsanwalt Carsten Herrle)

Was kann ich machen, wenn durch die Grenzbebauung kein Licht mehr in mein Haus kommt?

Der VGH Bayern hat in seinem Beschluss vom 05.09.2016, Az. 1 CS 16.1536, festgestellt, dass in dem Fall, in dem „der genehmigte Baukörper schon nicht erheblich höher als die Nachbarbebauung ist und die Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden, für die Annahme einer erdrückenden Wirkung in der Regel kein Raum mehr bleibt. Verringerungen des Lichteinfalls bzw. ein Verschattungseffekt als typische Folgen der Bebauung insbesondere in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen seien dabei bis zu einer im Einzelfall zu bestimmenden Unzumutbarkeitsgrenze hinzunehmen."

Ähnliches gilt für die Einschränkung der Aussicht. Die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht stellt lediglich eine Chance dar, die aber - bis auf wenige Ausnahmefälle - nicht dem Schutz durch das Gebot der Rücksichtnahme unterliegt. (von Rechtsanwalt Martin Spatz)

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