Hallo, seit Sommer letzten Jahres arbeite ich als medizinisch vorgebildeter Fahrer im ärztl. Bereitschaftsdienst. Ich bekomme dafür knapp über Mindestlohn +Zuschläge. Schichten dauern unterschiedlich lang, nachts 10 Stunden. Hier habe ich innerhalb 20min nach Eingang des Auftrages per Navi den diensthabenden Arzt abzuholen. Lt. Definition "darf" ich meinen Aufenthaltsort zwischen den Einsätzen selbst bestimmen. In Wirklichkeit überträgt mir der Arbeitgeber die Last, einen Ort zu mieten etc. So sitze ich oft die ganze Nacht im Auto in der Nähe eines Arztes. Auch im Winter.
Unser Einzugsgebiet umfasst 2 Landkreise, den diensthabenden Arzt erfahre ich meist erst am betreffenden Tag. Der Arzt sitzt zu Hause. Wir haben im Gebiet 2 Aufenthaltsmöglichkeiten. Da das Gebiet riesig ist und ich in 20min beim Arzt sein muss halte ich mich häufig im Auto auf.
Jetzt ändert der Chef die Rahmenbedingungen. Als Wettbewerbsvorteil bietet er 15min an. Diese Änderung klingt nicht schlimm, ist es aber. 95% der Ärzte, die ich aus einer gesicherten Position anfahren konnte, erreiche ich in 15min nicht
Vorteile für mich gibt es keine, Lohn ändert sich nicht, ich habe das so hinzunehmen.
Ich werde jetzt bei fast jedem Dienst in irgendeiner Parkbucht stehen und auf den Einsatz warten. Wo ich stehe kann ich mir erst am betreffenden Tag "aussuchen" da ich vorher oft den Arzt nicht kenne. Von Pausen oder Toiletten ist gar keine Rede.
Ich weiss nicht weiter, der Job ist eigentlich gut aber bei solchen Rahmenbedingungen eine tägliche Qual. Ist denn sowas überhaupt zulässig? Und die nachträgliche Änderung?
Danke
C
10 Stunden im Auto? Zumutbar?
Wenn die Zeit im Auto durchgehend bezahlt wird, auch wenn gerade kein Auftrag anfällt, dann ist aus arbeitszeitlicher Sicht erstmal nichts zu beanstanden. So lange die Zeit bezahlt wird, kann der Arbeitgeber den Aufenthaltsort des Arbeitnehmers bestimmen - wenn die Bestimmung lautet "max. 15min Fahrzeit vom diensthabenden Arzt entfernt", dann ist dass zulässig.
Pausen sind schwierig, aber es ist erlaubt, die Pausen in Stücke zu je 15min aufzuteilen. Bei 10 Stunden wäre die Mindestpause 45 min, welche aber auf 3x 15 min aufgeteilt werden darf. D.h. wenn man sich direkt vor das Haus des diensthabenden Arztes stellt, dann 15min Pause macht, dann ist die Vorgabe innerhalb von 15 min einzutreffen auch dann noch leistbar, wenn ein Auftrag während der Pause hereinkommt und erst nach der Pause gesehen wird.
Auch für mich liest sich das so als sei es zulässig. Aus deiner Schilderung kann ich nichts entnehmen was arbeitsrechtlich unzulässig wäre.
Wer stellt den Wagen den du fährst? Was für ein Fahrzeug ist es? Was meinst du mit einen Ort mieten? Ein Zimmer in einem Hotel? Einen Parkplatz?
Das Auto, Bmw X2, stellt der Arbeitgeber. Und ja, ich meine ein Hotelzimmer. Die Aussage, ich dürfe meinen Aufenthaltsort frei wählen, implementiert ja eine gewisse Auswahl. Ausser dem Auto bleibt mir aber oft keine andre Möglichkeit.
Hotelzimmer bei Mindestlohn ist nicht drin.
Wie seht ihr das mit der Verschärfung der Arbeitsbedingungen? Ich habe meinem Arbeitsvertrag ja in der Annahme, ich hätte 20 min Fahrzeit, unterschrieben. Die 5min (ab Auftragserteilung! Das ist weniger als der Notarzt, der hat noch 2min um ins Auto zu steigen) ändern schon viel.
Danke an euch für eire Mühen
-- Editiert von amz489643-68 am 04.05.2018 10:05
ZitatIch weiss nicht weiter, der Job ist eigentlich gut aber bei solchen Rahmenbedingungen eine tägliche Qual. :
ZitatMindestlohn :
Man hadert mit den Arbeitsbedingungen und erhält nur den Mindestlohn. Würde mir was anderes suchen.
????? Ich habe deine ursprüngliche Aussage so interpretiert, dass der AG das Zimmer bezahlen würde. Ist das falsch???ZitatHotelzimmer bei Mindestlohn ist nicht drin. :
Dir sollte klar sein, dass im Winter der Motor nicht die ganze Zeit im Stand laufen darf. Nennt sich Umweltverschmutzung. Der Wagen sollte also eine Standheizung haben. Hat er das?ZitatAusser dem Auto bleibt mir aber oft keine andre Möglichkeit. :
Was steht dazu in deinem Arbeitsvertrag? Sind die 20 Minuten dort verankert? Falls nicht, dann sehe ich keine Verschärfung, denn du kannst ja auch vor der Tür des Arztes parken.ZitatWie seht ihr das mit der Verschärfung der Arbeitsbedingungen? :
Generell sollte dir bewusst sein, dass du einen Job hast den jeder mit einem Führerschein ausüben kann und der auch nicht wirklich arbeitsintensiv ist. Es wird keine besondere Qualifikation gefordert. Der Beschreibung nach ist das also ein Job beim dem ich den Mindestlohn für gerechtfertigt halte. Unabhängig davon, dass ich diesen generell als zu niedrig ansehe.
Die Rechtslage ist eindeutig. Die nationalen Vorschriften regeln die Arbeitszeit der Fahrer für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 t weitgehend analog zu den Lenkzeiten für schwerere Fahrzeuge und Busse.
Lenk- und Ruhezeiten
Ein Auto unter 2,8 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht fällt demnach unter die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), vorausgesetzt, es ergeben sich keine weiteren Bestimmungen und Ausnahmen, etwa aus Tarifverträgen: Ein Fahrer muss mindestens 18 Jahre alt sein. Er darf acht Stunden täglich ans Steuer oder auch mal zehn Stunden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stundenan Werktagen nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG
). Bei einer Arbeitszeit von sechsStunden am Steuer sind Pausen von mindestens 30 Minuten vorgeschrieben, nach neun Stunden sollten es 45 Minuten sein.
Zwischen zwei Schichten ist eine Tagesruhezeit von elf Stunden Pflicht. Die Vorschriften der Fahrpersonalverordnung greifen bei Fahrzeugen miteinem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen, wobei die Obergrenze das Gesamt-Zuggewicht betrifft. Mit anderen Worten: Es sind auch Gespanne mit einem Pkw als Zugwagen betroffen. Demnach darf ein Fahrer neun Stunden täglich ans Steuer und zweimal die Woche zehn Stunden. Allerdings sind pro Woche höchstens sechs Lenkzeiten hintereinander zulässig und in der Doppelwoche maximal 90 Stunden am Volant.Nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden muss mindestens eine dreiviertel Stunde Pause gemacht werden. Zwischen zwei Schichten müssen die Mitarbeiter elf Stunden pausieren. Die wöchentliche Ruhezeit sollte sich auf 45 Stunden summieren. Ausnahmen sind unter bestimmten Bedingungen möglich.
https://www.firmenauto.de/arbeitsschutz-welche-gesetze-gelten-476741.html
Ich hab's jetzt nur überflogen, aber auf den ersten kurzen Blick scheint mir diese Arbeitszeitregelung unzulässig.
Wenn man sich den Aufwand für die Beratung durch einen Rechtsanwalt erstmal sparen will, sollte man einfach mal die Gewerbeaufsichtsbehörde (sitzt meist beim Ordnungsamt) oder die zuständige Berufsgenossenschaft oder die Landesarbeitsschutzbehörde anrufen und den Fall dort schildern. Dort bekommt man kostenlos eine fundierte grundsätzliche Einschätzung.
vielen Dank.
Da wundert man sich was hier alles problemlos zulässig ist.
zu den Fragen:
-der Wagen hat keine Standheizung
-es ist eine medizinische Vorbildung erforderlich. Nicht jeder mit Führerschein kann die Aufgabe übernehmen, eine gewisse Qualifikation ist natürlich gewünscht.
Geworben werden Rs/Ra, die sich natürlich bei der Bezahlung schwer finden lassen.
Hier die Vorgaben der KVB:
Welche Ausbildung hat der Fahrer im Fahrdienst?
Der Fahrer verfügt mindestens über eine medizinische Ausbil-
dung als Sanitäter und einen Personenbeförderungsschein.
Nachzulesen ist das Ganze unter
https://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Infomaterial/UeberUns/KVB-Broschuere-Aerztlicher-Bereitschaftsdienst-Bayern.pdf
Zusätzlich muss ich vermerken, dass meine üblichen Anfahrtswege in die Freizeit fallen.
Es ist keine Ausnahme, eher die Regel, dass ich 2 Stunden vor und nach Dienst noch unterwegs bin.
Ich muss mich eine halbe Stunde vor Dienstantritt anmelden (das wird mir als "Pausenzeit" abgezogen) und nach dem Dienst muss ich Papierkram erledigen sowie das Fahrzeug betankt und gesäubert abstellen.
Der zentrale Punkt zum Abstellen befindet sich ca. 70km von meinem Wohnort. Ich bin also -nicht ausnahmsweise sondern eher normalerweise- für eine 10 Stunden-Schicht insgesamt 14 Stunden unterwegs.
Das interessiert sicherlich den Gesetzgeber genauso wenig wie den Arbeitgeber, ist ja meine Schuld das ich nicht in der Wache wohne.
-- Editiert von amz489643-68 am 04.05.2018 13:38
-- Editiert von amz489643-68 am 04.05.2018 13:38
-- Editiert von amz489643-68 am 04.05.2018 13:44
-- Editiert von amz489643-68 am 04.05.2018 13:46
Dein Weg zur Arbeitsstätte und auch wieder zurück, sind selbstverständlich dein Privatvergnügen. Warum sollte dein AG denn für deinen Arbeitsweg bezahlen?ZitatZusätzlich muss ich vermerken, dass meine üblichen Anfahrtswege in die Freizeit fallen. :
Ähm, ohne dir zu Nahe treten zu wollen. RDH erfordert gerade mal ca. 160h Ausbildung, also 1 Monat! Möchtest du das wirklich mit einer regulären Ausbildung vergleichen???Zitat-es ist eine medizinische Vorbildung, (mind. RdH) erforderlich. Zudem G25 :
https://kvpfaffenhofen.brk.de/ausbildung/programme/RDH%20RS
Reines PrivatvergnügenZitatEs ist keine Ausnahme, eher die Regel, dass ich 2 Stunden vor und nach Dienst noch unterwegs bin. :
Du musst in deiner 10h Schicht 45 Minuten Pause machen. Dein Dienst beginnt mit deiner Antrittsmeldung und endet mit deiner Abmeldung nach Hause.ZitatIch muss mich eine halbe Stunde vor Dienstantritt anmelden (das wird mir als "Pausenzeit" abgezogen) :
Falsch, das ist alles noch Arbeitszeit die der AG zu vergüten und anzurechnen hat!Zitatund nach dem Dienst muss ich Papierkram erledigen sowie das Fahrzeug betankt und gesäubert abstellen. :
Das ist wiederum dein Problem. Es steht dir frei eine Wohnung näher an deiner Arbeitsstelle zu mieten/kaufen.ZitatDer zentrale Punkt zum Abstellen befindet sich ca. 70km von meinem Wohnort. :
Dies ist daher korrekt.ZitatDas interessiert sicherlich den Gesetzgeber genauso wenig wie den Arbeitgeber, ist ja meine Schuld das ich nicht in der Wache wohne. :
Was die Arbeitsbedingungen angeht, fast die ganze Arbeitszeit im Auto zu sitzen ist ja nicht ungewöhnlich, das machen Millionen beruflich, nur daß sie die meiste Zeit fahren. Das überwiegende Stehen des Fahrzeugs in der Arbeitszeit ist keine Erschwernis demgegenüber.
Trotzdem verstehe ich, wenn Sie damit unzufrieden sind, das nichts für Sie ist. Dann solllten Sie sich einen wohnortnahen anderen Job suchen, statt mit dem Arbeitgeber einen Kleinkrieg zu beginnen über Arbeitsbedingungen.
Zitat:Ich hab's jetzt nur überflogen, aber auf den ersten kurzen Blick scheint mir diese Arbeitszeitregelung unzulässig.
Ja, wäre es, wenn der Fragesteller die meiste Zeit fahren würde.
Aber lt. Ausgangsbeitrag besteht die Schicht ja im wesentlichen aus bezahlter Wartezeit / Standzeit und der Anteil der tatsächlichen Lenkzeit an der Schicht ist sehr überschaubar.
Zitat:Wie seht ihr das mit der Verschärfung der Arbeitsbedingungen? Ich habe meinem Arbeitsvertrag ja in der Annahme, ich hätte 20 min Fahrzeit, unterschrieben.
Während der bezahlten Zeit kann der Arbeitgeber auch den Inhalt der Arbeit bestimmen.
(Beispiel: Wer als Aushilfe In der Landwirtschaft arbeitet, und in der Annahme Erdbeeren pflücken zu müssen den Vertrag unterschreibt, kann sich auch nicht wehren, wenn der Arbeitgeber die Aushilfe zur Apfelernte einsetzt. Es sei denn, im Arbeitsvertrag wäre "nur Erdbeeren" ausdrücklich erwähnt.)
Wenn die 20min nicht im Arbeitsvertrag stehen, sieht es mau aus für Sie.
Zitat:der Wagen hat keine Standheizung
Könnte problematisch sein. Arbeitnehmer, die im Freien arbeiten, haben meines Wissens zumindest Anspruch auf einen beheizten Pausenraum.
Zitat:Zusätzlich muss ich vermerken, dass meine üblichen Anfahrtswege in die Freizeit fallen.
Es ist keine Ausnahme, eher die Regel, dass ich 2 Stunden vor und nach Dienst noch unterwegs bin.
Wenn Ihre Wohnung so weit vom Arbeitsort entfernt ist, ist das nicht das Problem des Arbeitgebers.
Zitat:Ich muss mich eine halbe Stunde vor Dienstantritt anmelden (das wird mir als "Pausenzeit" abgezogen) und nach dem Dienst muss ich Papierkram erledigen sowie das Fahrzeug betankt und gesäubert abstellen.
Das ist eindeutig nicht korrekt. Die bezahlte Arbeitszeit beginnt mit Dienstantritt und endet mit der Abstellung des Fahrzeugs. Die Pause ist dazwischen, nicht am Anfang.
Zitat:Der zentrale Punkt zum Abstellen befindet sich ca. 70km von meinem Wohnort. Ich bin also -nicht ausnahmsweise sondern eher normalerweise- für eine 10 Stunden-Schicht insgesamt 14 Stunden unterwegs.
Wenn Ihre Wohnung so weit vom Arbeitsort entfernt ist, ist das nicht das Problem des Arbeitgebers.
Zitat:Trotzdem verstehe ich, wenn Sie damit unzufrieden sind, das nichts für Sie ist. Dann solllten Sie sich einen wohnortnahen anderen Job suchen, statt mit dem Arbeitgeber einen Kleinkrieg zu beginnen über Arbeitsbedingungen.
Wahre Worte ...
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