Das Kind A ist Sozialhilfeempfänger und will auf den Pflichtteil verzichten im Falle des erstverstorbenen Elternteils, um den verbliebenen Elternteil davor zu schützen dem Sozialamt die Pflichtteil auszahlen zu müssen.
Beide Eltern erfreuen sich noch guter Gesundheit.
Wie kann man diesen Pflichtteilsverzicht im Testament juristisch wirksam vor dem Zugriff des Sozialamtes schützen?
mfg
Pflichtteilsverzicht vor dem Zugriff des Sozialamtes schützen
AFAIK darf bei Bezug von Sozialleistungen ein ("positives") Erbe nicht ausgeschlagen werden.
Warum sollte denn der Steuerzahler / die Steuerzahlerinnen für Leistungen aufkommen, die gar nicht benötigt werden?
Zitat...um den verbliebenen Elternteil davor zu schützen dem Sozialamt die Pflichtteil auszahlen zu müssen. :
Nicht der Elternteil muss dem Sozialamt irgendetwas überweisen, sondern der Kind A.
Überhaupt: Ob das Sozialamt oder Kind A den "Erbanteil" bekommt, kann dem Elternteil doch reichlich egal sein.
Irgendwie riecht das hier nach "Suche Anleitung zu: Wie begehe ich Sozialbetrug?"
-- Editiert von car4000 am 04.08.2021 13:22
Ich verstehe nicht, warum man solche Verrenkungen hinsichtlich eines Testamentes macht.
Der jetzt völlig unbekannte Pflichtteil für A darf im Laufe des langen und gesunden Lebens der späteren Erblasser durchaus vernachlässigbar gering werden. Das braucht man nicht in ein Testament schreiben. A müsste den Pflichtteil zu gegebener Zeit vom Hinterbliebenen einfordern.
Der irgendwann hinterbliebene Elternteil muss weder dem Amt was zahlen noch müsste A dem Amt was zahlen.
Zu Lebzeiten könnte A was davon haben, was seine Eltern sonst hinterlassen würden.
Dann könnten die Eltern seelenruhig von dannen gehen, weil sie keine Angst haben bräuchten, dass das Amt was wollen würde.
Und A hätte nicht soviel unnötigen Schriftverkehr mit allen möglichen Stellen.
Manche A ziehen sich tatsächlich die Hosen mit 2 Beißzangen an. Wie kommt das nur?
Gar nicht.ZitatWie kann man diesen Pflichtteilsverzicht im Testament juristisch wirksam vor dem Zugriff des Sozialamtes schützen? :
stimmt.ZitatZitat (von go548851-36): :
Wie kann man diesen Pflichtteilsverzicht im Testament juristisch wirksam vor dem Zugriff des Sozialamtes schützen?
Gar nicht.
Schon deswegen weil das Sozialamt da gar nicht drauf zugreift.
Der Pflichtteil steht schließlich dem Kind zu, wenn dieses ihn fordert
Das Sozialamt wird höchstens die Leistungen an das Kind einstellen. Das tut es aber sowieso, sobald das Kind sich selbst unterhalten kann. Da genügt es meistens schon, dass man einen Job annimmt und Zack: Einstellung der Sozialleistungen. Unglaublich, ist aber so
Falls doch wie geschrieben das Sozialamt gemeint, ist es mit dem Zack nicht unbedingt so.ZitatDa genügt es meistens schon, dass man einen Job annimmt und Zack: Einstellung der Sozialleistungen. :
Die meisten Kunden des Sozialamtes brauchen gar keinen Job mehr annehmen.
Nicht unglaublich, und auch beim JC stellt das Amt nicht sofort Leistungen ein, wenn einer zackig einen Job annimmt. Kommt drauf an und ist wirklich so.
Falls der A nun doch irgendwann in die Verlegenheit kommen sollte, seinen Pflichtteil einfordern zu müssen, weil das Sozialamt von dem Erbfall Kenntnis bekommt (von A) und das verlangt, dann gibt es zwischenzeitlich die SH-Leistungen darlehensweise. Es dauert schließlich, bis die Höhe des Pflichtteils bekannt und zur Auszahlung bereit ist. Da geht auch nichts mit Zack.
Hier geht es um Erbrecht.
Was soll also ins Testament?
Um es näher auszuführen: Kind A ist schwer chronisch krank, es besteht kaum Aussicht auf wiedererlangung der Arbeitspflicht. Es geht vorallem darum, den verbliebenen Elternteil davor zu schützen, dass das Sozialamt den Pflichtteil von ihm vordert. Das würde dazu führen, dass eine Hypothek auf die Eigentumswohnung aufgenommen werden müsste.
In #4 wurde schon alles relevante gesagt.
Ein notarieller Pflichtteilsverzicht dürfte in so einem Fall jedoch möglich und zulässig sein.
BGH- Urteil vom 19. Januar 2011 (Az.: IV ZR 7/10)
Das kannte ich noch nicht. Allerdings argumentiert der BGH auf Basis eines "Behindertentestaments." Bei der Sozialhilfeempfängerin handelt es sich um eine behinderte Tochter, die Leistungen nach SGB XII erhält.ZitatEin notarieller Pflichtteilsverzicht dürfte in so einem Fall jedoch möglich und zulässig sein. :
BGH- Urteil vom 19. Januar 2011 (Az.: IV ZR 7/10)
Es wäre zu prüfen,
- inwieweit das auf den Fall hier übertragbar ist
- ob dieses Urteil des BGH von 2011 nicht durch entsprechende Änderungen im SGB überholt ist
ZitatAllerdings argumentiert der BGH auf Basis eines "Behindertentestaments." :
Richtig, aber auch in diesem Fall könnten die Eltern ein sogenanntes Behindertentestament machen.
Wenn jedoch wie hier zu vermuten Kind A nach dem Tod beider Elternteile Vollerbe wird sehe ich kein Problem in einem Pflichtteilsverzicht.
Zitatob dieses Urteil des BGH von 2011 nicht durch entsprechende Änderungen im SGB überholt ist :
Nach meiner Kenntnis hat es keine diesbezüglichen Änderungen gegeben.
Kind A könnte daher zu Lebzeiten der Eltern mit diesen einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag abschließen.
Die Entscheidung befasst sich damit, ob der Pflichtteilsverzicht sittenwidrig war, somit nichtig und ein Übergang nach 93 SGBXII erfolgen kann.
Nicht behandelt wird die Frage, ob aufgrund des mutwillig unterlassenen Vermögenserwerbs die Leistungen eingestellt werden können.
Gerade wenn der Verzichtende zum Zeitpunkt des Verzichts im Leistungsbezug steht würde ich diese Frage für durchaus relevant halten.
War in dem Urteil aber doch genau so.ZitatGerade wenn der Verzichtende zum Zeitpunkt des Verzichts im Leistungsbezug steht würde ich diese Frage für durchaus relevant halten. :
Das Kind ist also dauerhaft und voll erwerbsgemindert. Das Sozialamt ist der zuständige Leistungsträger. Es gibt in D. keine Arbeitspflicht, für niemanden.Zitates besteht kaum Aussicht auf wiedererlangung der Arbeitspflicht. :
Ein Pflichtteil wird nie vom Sozialamt gefordert. Vor allem nicht vom Elternteil.ZitatEs geht vorallem darum, den verbliebenen Elternteil davor zu schützen, dass das Sozialamt den Pflichtteil von ihm vordert. :
Der hinterbliebene Elternteil hat gar nichts mit dem Sozialamt des Kindes zu tun. Vom Elternteil fordert kein Amt was.
Das Kind müsste den Pflichtteil selbst einfordern.
Das wäre dann uU-ggfls-irgendwann-evtl. ein Drama für den hinterbliebenen Elternteil?ZitatDas würde dazu führen, dass eine Hypothek auf die Eigentumswohnung aufgenommen werden müsste. :
Man lasse sich also von einem Notar beraten, nehme dann einen passenden Passus ins Testament auf und verwechsle nicht, wer den Pflichtteil von wem fordern könnte. Und wer vor was geschützt werden soll.
ZitatWar in dem Urteil aber doch genau so. :
Und?
Die Fragestellung bzgl. Einstellung der Leistung wurde trotzdem nicht behandelt.
ZitatDie Fragestellung bzgl. Einstellung der Leistung wurde trotzdem nicht behandelt. :
Auf welcher Grundlage sollte denn die Leistung eingestellt werden können, wenn der Pflichtteilsverzicht zulässig war?
Es ist eine logische Schlussfolgerung aus dem Urteil, dass die Leistung nicht eingestellt werden darf.
ZitatEin Pflichtteil wird nie vom Sozialamt gefordert. Vor allem nicht vom Elternteil. :
Da irrst Du Dich aber ganz gewaltig. Das Sozialamt kann den Anspruch des Kindes auf den Pflichtteil auf sich überleiten.
ZitatAuf welcher Grundlage sollte denn die Leistung eingestellt werden können, wenn der Pflichtteilsverzicht zulässig war? :
Mit Sozialrecht kenne ich mich nicht aus. Soweit ich weiss gibt es jedoch die Möglichkeit die Leistungen einzustellen, wenn ein Vermögensvorteil mutwillig nicht in wahr genommen wird.
ZitatEs ist eine logische Schlussfolgerung aus dem Urteil, dass die Leistung nicht eingestellt werden darf. :
Nein, keinesfalls.
ZitatSoweit ich weiss gibt es jedoch die Möglichkeit die Leistungen einzustellen, wenn ein Vermögensvorteil mutwillig nicht in wahr genommen wird. :
Ja, die gibt es. Wenn so ein ein Fall vorgelegen hätte, dann wäre das Urteil des BGH aber anders ausgefallen.
ZitatNein, keinesfalls. :
Das kannst Du dann sicher irgendwie begründen, oder?
Bitte lies Dir vor einer Antwort das BGH-Urteil insbesondere ab Rz 22 noch einmal sorgfältig durch. Insbesondere bei Rz 33 hat sich der BGH doch sehr deutlich zur Frage der Zulässigkeit von Leistungskürzungen in so einem Fall geäußert.
ZitatDas kannst Du dann sicher irgendwie begründen, oder? :
Die Begründung, dass sich in keinster Weise dazu geäußert wurde dürfte reichen.
ZitatBitte lies Dir vor einer Antwort das BGH-Urteil insbesondere ab Rz 22 noch einmal sorgfältig durch. Insbesondere bei Rz 33 hat sich der BGH doch sehr deutlich zur Frage der Zulässigkeit von Leistungskürzungen in so einem Fall geäußert. :
Hab ich, insb. auch Rn. 31, welche die einzige ist in der es annähernd um Sanktionen von Leistungsbeziehern geht.
Aber auch diese behandelt nicht meine Frage.
Ich bin doch sehr überrascht was du anscheinend in eine doch recht eindeutige Entscheidung reindichten willst.
Ich als Fragesteller möchte mich schon mal herzlich für die zahlreichen Antworten bedanken. Ich lese aufmerksam mit und mache mir ebenfalls meine Gedanken, die Rechtslage in diesem Fall erscheint mir jedoch immer noch uneindeutig.
ZitatHab ich, insb. auch Rn. 31, welche die einzige ist in der es annähernd um Sanktionen von Leistungsbeziehern geht. :
Sorry, Schreibfehler. Es war natürlich Rz 31 und nicht 33 gemeint.
ZitatAber auch diese behandelt nicht meine Frage. :
Doch
ZitatIch bin doch sehr überrascht was du anscheinend in eine doch recht eindeutige Entscheidung reindichten willst. :
Das verstehe ich jetzt nicht. Du bist doch der Auffassung, dass die Entscheidung nicht eindeutig sei, weil sie angeblich die Frage einer möglichen Leistungskürzung nicht behandelt.
Nach meiner Auffassung äußert sich der BGH in dem Urteil jedoch sehr klar dahingehend, dass eine Leistungskürzung nicht möglich ist.
Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 SGB XII (Leistungskürzung) liegen doch schon nach dessen Wortlaut nicht vor. Darum kann der Träger der Sozialhilfe nur über den § 93 SGB XII (Übergang von Ansprüchen) auf einen Pflichtteilsanspruch zugreifen, den der Leistungsempfänger nicht selbst geltend gemacht hat. Diesem Zugriff hat der BGH aber durch das Urteil einen Riegel für den Fall vorgeschoben, dass der Leistungsempfänger zu Lebzeiten des Erblassers einen notariellen Pflichtteilsverzicht erklärt hat.
In seinem Schlusssatz hat der BGH dann noch einmal deutlich gemacht, dass die gesetzlichen Regelungen geändert werden müssten um so eine Möglichkeit zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung hat es aber bislang nicht gegeben.
Was glaubst Du denn, was den Träger der Sozialhilfe dazu bewogen hat, die Klage bis vor den BGH zu führen, obwohl es doch viel einfacher gewesen wäre die Leistung zu kürzen? Die Antwort ist ganz einfach: Der Sozialhilfeträger hätte die Leistung selbst dann nicht kürzen dürfen, wenn ein Anspruch auf den Pflichtteil bestanden hätte.
Die §§ 26 und 93 SGB XII gelten für verschiedene Sachverhalte. Es ist daher nicht zulässig, die Leistung nach § 26 SGB XII zu kürzen, wenn der Übergang von Ansprüchen nach § 93 SGB XII nicht möglich ist.
Also ich beziehe mich hierauf:
Die pflichtwidrige Herbeiführung der eigenen Bedürftigkeit kann innerhalb des sozialrechtlichen Regelungssystems mit Leistungskürzungen sanktioniert werden (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII). Für das Hineinwirken eines solchen öffentlich-rechtlichen Regelungsprinzips in die Zivilrechtsordnung über § 138 Abs. 1 BGB, um Behinderten die erbrechtlichen Instrumente zu beschneiden, fehlt dagegen eine tragfähige Grundlage.
(BGH, Urteil vom 19. Januar 2011 – IV ZR 7/10 –, BGHZ 188, 96-109, Rn. 31)
Es wird doch lediglich gesagt, dass die sozialrechtliche Regelung keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Pflichtteilsverzichts haben. Der §26 SGB XII wird sonst nicht mehr erwähnt.
Ich will ja gar nicht bestreiten, dass das:
ZitatDie §§ 26 und 93 SGB XII gelten für verschiedene Sachverhalte. Es ist daher nicht zulässig, die Leistung nach § 26 SGB XII zu kürzen, wenn der Übergang von Ansprüchen nach § 93 SGB XII nicht möglich ist. :
wahr ist.
Kann gut sein, damit kenne ich mich nicht aus. Es geht halt nur eben nicht aus diesem Urteil hervor.
ZitatNach meiner Auffassung äußert sich der BGH in dem Urteil jedoch sehr klar dahingehend, dass eine Leistungskürzung nicht möglich ist. :
Das sehe ich leider nichtmals ansatzweise. Zitiere doch mal die Stelle wo das so klar ist.
Ja, richtig. Kann es und wird es versuchen, wenn der Pflichtteil dann irgendwann noch vorhanden ist.ZitatDas Sozialamt kann den Anspruch des Kindes auf den Pflichtteil auf sich überleiten. :
Aber nicht so:
Zitatum den verbliebenen Elternteil davor zu schützen dem Sozialamt die Pflichtteil auszahlen zu müssen...den verbliebenen Elternteil davor zu schützen, dass das Sozialamt den Pflichtteil von ihm vordert. :
------------------------------------
Ja, die gibt es grundsätzlich. Vorher wird aber das Kind aufgefordert zu Mitwirkung, dann nochmal und dann wird deutlich gemacht, dass Leistungen auch eingestellt werden können, wenn es (mutwillig) an Mitwirkung fehlt.ZitatSoweit ich weiss gibt es jedoch die Möglichkeit die Leistungen einzustellen, wenn ein Vermögensvorteil mutwillig nicht in wahr genommen wird. :
Aber bei korrekter Erklärung des Pflichtteilsverzichtes dürfte das nicht passieren.
------------------------------------
Was liegt also näher, als den vermeintlichen Pflichtteil schon während Lebzeiten der putzmunteren Eltern notariell bzw. im elterlichen Testament so zu gestalten, dass in X Jahren ggfls. der Pflichtteil 0 ist.
Die Rechtslage für welche Situation?Zitatdie Rechtslage in diesem Fall erscheint mir jedoch immer noch uneindeutig. :
A) Dass das Kind im Jahre X evtl. nicht freiwillig seinen Pflichtteil vom Elternteil fordert?
B) Oder sich im Jahre X einfach auf das dann wirklich sehr alte BGH-Urteil, evtl. Rechtsprechung bezieht, falls das Amt es doch versucht?
Man möge das beabsichtigte Testament unter Hinweis auf genau die später möglicherweise eintretende Situation gestalten und notariell beurkunden lassen.
Man kann auch einen Anwalt befragen.
Dann als Kind zwar chronisch krank, und als Eltern bestens gesund---- möglichst lange leben.
Da es offenbar um das Erbe einer ETW gehen würde, gäbe es andere Möglichkeiten.
ZitatMan möge das beabsichtigte Testament unter Hinweis auf genau die später möglicherweise eintretende Situation gestalten und notariell beurkunden lassen. :
Mit einem Testament kann man die von mir dargestellten Rechtsfolgen nicht erreichen.
ZitatDas sehe ich leider nichtmals ansatzweise. Zitiere doch mal die Stelle wo das so klar ist. :
Dann verweise ich jetzt mal einen Beschluss des SG Stuttgart vom 08.03.2012 (Az: S 15 AS 925/12 ER), dessen Begründung in weiten Teilen dem o.g. BGH-Urteil entnommen wurde.
-
4 Antworten
-
2 Antworten
-
3 Antworten
-
21 Antworten
-
3 Antworten