Arbeiten in der Wohnung

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Unter welchen Voraussetzungen darf der Mieter in der Wohnung gewerblichen Tätigkeiten nachgehen?

In Zeiten von Homearbeit gewinnt die Frage zunehmend an Bedeutung, in welchem Umfang ein Mieter seine Wohnung auch zu beruflichen Zwecken nutzen darf. Die Frage gewinnt besondere Brisanz unter der Prämisse, dass eine unzulässige Tätigkeit des Mieters nach vorheriger Abmahnung auch eine (fristlose) Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zur Folge haben kann.

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung (BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 165/08 –, juris) zunächst eine Abgrenzung vorgenommen zwischen

- beruflichen Tätigkeiten, die der Mieter in seiner Wohnung ausübt und von der die Außenwelt nichts mitbekommt,
- und geschäftlicher Tätigkeit von freiberuflicher oder gewerblicher Art mit Außenwirkung.

Berufliche Tätigkeiten in der Wohnung, von denen die Außenwelt nichts mitbekommt, fallen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs von vornherein unter den Begriff des "Wohnens".

Als Sonderformen des "Wohnens" ausdrücklich vom BGH erwähnt:

- Unterrichtsvorbereitung eines Lehrers
- Telearbeit eines Angestellten
- schriftstellerische Tätigkeit eines Autors oder
- der Empfang oder die Bewirtung eines Geschäftsfreundes des Mieters in der Wohnung.

Fällt die Tätigkeit unter den insoweit erweiterten Begriff des Wohnens, hat der Mieter also nichts zu befürchten. Er braucht nicht einmal eine Erlaubnis vom Vermieter, da er die Wohnung in zulässiger Weise wie vertraglich vereinbart benutzt.

Zur Abgrenzung einer genehmigungspflichtigen geschäftlichen Tätigkeit hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung weiter darauf abgestellt, ob der Mieter mit einer geschäftlichen Tätigkeit nach außen in Erscheinung tritt.

Indizien für ein solches Auftreten können folgende Punkte sein:

- Angabe der Wohnung als Geschäftsadresse bei Auftreten am Markt
- Empfang von Kunden in der Wohnung
- Beschäftigung von Mitarbeitern in der Wohnung.

Folgen einer geschäftlichen Tätigkeit in der Wohnung:

BGH: Bei geschäftlichen Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen in Erscheinung treten, liegt eine Nutzung vor, die der Vermieter einer Wohnung ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss. Der Vermieter kann jedoch im Einzelfall nach Treu und Glauben verpflichtet sein, eine Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen. Sie wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn es sich nur um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt. Auch eine selbständige berufliche Tätigkeit kann im Einzelfall so organisiert sein oder einen so geringen Umfang haben, dass sie - wie beispielsweise bei einem Rechtsanwalt oder Makler - im Wesentlichen am Schreibtisch erledigt wird, in der Wohnung keine Mitarbeiter beschäftigt werden und von etwaigem Publikumsverkehr keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung (BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 165/08 –, juris).

Fazit:

Es ist  im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die geschäftliche Nutzung im Wesentlichen ohne Beeinträchtigungen, die über eine Nutzung als Wohnung (in dem oben beschriebenen erweiterten Sinn) hinausgehen, erfolgt. Dann kann der Vermieter zur Erteilung der Erlaubnis einer teilgewerblichen Nutzung verpflichtet sein.

Wichtig: Diese Voraussetzungen muss der Mieter im Streitfall darlegen und beweisen.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Bevor Sie den Mieter wegen einer ihrer Ansicht nach unberechtigten geschäftlichen Tätigkeit in der Wohnung abmahnen bzw. kündigen, sollten Sie nach den oben aufgezeigten Kriterien immer prüfen, ob der Mieter nicht einen entsprechenden Anspruch hat. Andernfalls kann die Kündigung und eine auf die Kündigung gestützte Räumungsklage zu einem teuren Unterfangen werden.

Fachanwaltstipp Mieter:

Mieter, die eine Tätigkeit ohne Außenwirkung in der Wohnung ausüben, brauchen sich keine Sorgen zu machen. In der Praxis ist allerdings zu beobachten, dass Vermieter angebliche Verstöße des Mieters bzw. Zweifelsfälle gern dazu benutzen, den Mieter über eine fristlose Kündigung loszuwerden. Mieter, die so etwas befürchten, sollten im Zweifel lieber eine Genehmigung einholen. Weigert sich der Vermieter, sollte der Mieter die Zustimmung im Klagewege geltend machen und bis dahin auf die Tätigkeit verzichten. Bei ungerechtfertigter Weigerung kann der Vermieter unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet sein. Der Schaden umfasst unter anderem etwaige Verdienstausfälle, die Anmietung von Ersatzräumen und die Kosten der vorübergehenden Umadressierung.

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