Überstunden Ausbezahlung

9. Dezember 2024 Thema abonnieren
 Von 
Freecastle
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Überstunden Ausbezahlung

Hallo,

ich habe eine vielleicht etwas kompliziertere Frage:
Und zwar arbeitete ein Bekannter von mir viele Jahre in einer Firma (normal soz.-versicherungspfl. beschäftigt) und hatte massig Überstunden angehäuft. Mitte letzten Jahres hat er dann gekündigt und sich eine andere Anstellung gesucht. Da er aber auch noch bei der damaligen Firma weiterhin tätig sein wollte, ließ er sich als Minijobber dort weiter beschäftigen. Die bereits angesammelten Überstunden wurden nicht ausgezahlt. In der Minijob-Zeit wurde bis zum heutigen Tag nun weiterhin massiv Überstunden angesammelt, die jedes Limit was Arbeitszeit als auch die Verdienstgrenze für Minijobber betrifft sprengt.
Jetzt will man das ganze Thema lösen, im Prinzip geht es bei der Problematik eigentlich auch ausschließlich um die Überstunden in der Minijob-Zeit, (die anderen lassen sich relativ leicht rückwirkend ausbezahlen). Die Firma will daher rückwirkendden Bekannten als soz.versicherungspfl. beschäftigt auf 30% anstellen, so dass quasi keine Minijob-Grenzen mehr da sind, und man damit auch alle Überstunden entsprechend ausbezahlen kann (die dann aber auch entsprechend versteuert würden).
Das ist natürlich insofern etwas suboptimal, da dann auch rückwirkend der eigentlich fast steuerfreie (und daher aber auch niedrigere) Minijob-Lohn nun doch versteuert wird und am Ende natürlich noch weniger übrig bleibt.
Aus meiner Sicht, ist das alles ein großes Versäumnis des Arbeitgebers, denn schließlich hat er ja darauf zu achten, dass die Minijob-Grenzen eingehalten werden, man hat billigend in Kauf genommen, dass da jemand bereitwillig Überstunden leistet. Die Argumentation ist jedoch, dass mein Bekannter aufgrund der so vielen geleisteten Arbeitsstunden auch gar nicht mehr geringfügig beschäftigt, ist sondern damit eigentlich sowieso dann normal sozial- und steuerpflichtig wird. Dem würde ich sogar nicht mal widersprechen, denn effektiv ist das sicherlich so durch die massive mehr geleistete Arbeitszeit.
Aber, dennoch wurde mein Bekannter nun mal als geringfügig beschäftigt angestellt, und das wurde schon sehr billigend in Kauf genommen, dass jemand für wenig Geld einfach so deutlich mehr arbeitet.
Im Endeffekt sind auch alle an einer einvernehmlichen Lösung interessiert und ich finde den Vorschlag das so jetzt auszubezahlen auch grundsätzlich nicht ganz verkehrt.
Ich habe mich aber gefragt, und das ist jetzt auch meine eigentliche Frage: Was würde denn passieren wenn mein Bekannter jetzt einfach kündigt und darauf besteht das alles so wie eigentlich mal vereinbart ausbezahlt zu bekommen? Oder weiter gedacht, wenn man damit sogar arbeitsrechtliche Schritte gehen würde, kann da vielleicht jemand eine Prognose abgeben, wohin da der Weg gehen würde?
Vielen Dank schon einmal, falls da jemand was zu sagen kann!

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7 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(127475 Beiträge, 40816x hilfreich)

Zitat (von Freecastle):
Aus meiner Sicht, ist das alles ein großes Versäumnis des Arbeitgebers

Und der Bekannte hat weder eigenen Willen, noch Kenntnis bezüglich der Bedeutung des Wortes "nein"?



Zitat (von Freecastle):
Was würde denn passieren wenn mein Bekannter jetzt einfach kündigt und darauf besteht das alles so wie eigentlich mal vereinbart ausbezahlt zu bekommen?

Da er die vertraglich vereinbarte Leistung "Mini-Job" einvernehmlich bzw. konkludent mit dem Arbeitgeber auf "Normal-Job" geändert hat, würde sich an dem angedachten Vorschlag "beschäftigt auf 30%" nichts ändern.


Alternativ könnte man noch überlegen, ob man "Mini-Job" als weiterhin vereinbart ansieht und dann die Überstunden abbaut.
An der Legalität solchen Vorgehens hätte ich aber wegen Umgehungstatbestand / Gestaltungsmissbrauch gewisse Zweifel.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(33709 Beiträge, 17556x hilfreich)

Oder weiter gedacht, wenn man damit sogar arbeitsrechtliche Schritte gehen würde, kann da vielleicht jemand eine Prognose abgeben, wohin da der Weg gehen würde? Dann sollte man mal in den Arbeitsvertrag schauen, was sich darin zur Verjährung von Lohnforderungen findet: Da gibt es nämlich mitunter sehr kurze Fristen (z. B. 3 Monate), und in dem Fall sieht es für den Bekannten sehr unerfreulich aus.

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

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#3
 Von 
Freecastle
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Und der Bekannte hat weder eigenen Willen, noch Kenntnis bezüglich der Bedeutung des Wortes "nein"?


Leider ja. Mein Bekannter ist leider sehr gutmütig und kann schlecht nein sagen. Zudem durchaus ein großes Vertrauen und keine sonderlich große Affinität für Lohnbuchhaltungsthemen. Und vielleicht um es verständlicher zu machen, wir sind hier im Bereich der Pflege. Da nutzt man sowas offensichtlich auch nur zu gerne aus.

Zitat (von Harry van Sell):
Da er die vertraglich vereinbarte Leistung "Mini-Job" einvernehmlich bzw. konkludent mit dem Arbeitgeber auf "Normal-Job" geändert hat, würde sich an dem angedachten Vorschlag "beschäftigt auf 30%" nichts ändern.

Wie meinst du das? Meinst du, weil eben immer mehr gearbeitet wurde, quasi implizit auch eine Art Einvernehmlichkeit von meinem Bekannten da war, dass den Minijob-Status so eigentlich gar nicht mehr gibt? Weil das ist ja im Prinzip genau die Fragestellung (bzw. eine Antwort darauf), ob man da letztlich einfach auch "selbst schuld" sagen muss, oder ob das eben doch rein arbeitgeberseitig verschuldet ist und auf Basis des Vetrages (der ja Minijobber ist) gelöst werden müsste?

Zitat (von Harry van Sell):
Alternativ könnte man noch überlegen, ob man "Mini-Job" als weiterhin vereinbart ansieht und dann die Überstunden abbaut.

Tatsächlich wäre das sogar genau mein Vorschlag gewesen, denn rein lohnbuchhalterisch würde der Betrag der auszuzahlenden Überstunden in das nächste nun kommende Kalenderjahr passen, ohne dass Minijobber-Grenzen gerissen werden.
Die Arbeitgeber-Argumentation ist jedoch, dass trotzdem das Problem da ist, da eben im jetzigen Jahr die Arbeitsstunden (und dem damit eigentlich auszuzahlenden Lohn) komplett gerissen wurde, so dass bei einer Prüfung das auch beanstandet würde und der Bekannte dann auch als soz. versicherungspflichtig beschäftigt eingestuft werden würde. Und das würde ich so auch durchaus glauben. Spannend wäre dann aber trotzdem, ob das dann nicht trotzdem ein rein arbeitgeberseitiges Problem ist, und man da arbeitsrechtlich sich quasi den entstandenen "Schaden" einfordern kann (ob man das dann wirklich will ist eine andere Frage, eigentlich ist jeder um eine harmonische Lösung bemüht, ich frage mich halt nur ob das so die schlauste Lösung für meinen Bekannten ist, denn der Arbeitgeber ist damit am Ende natürlich fein raus, während mein Bekannter am Ende effektiv mit weniger Geld da steht).





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#4
 Von 
blaubär+
Status:
Legende
(18529 Beiträge, 6780x hilfreich)

Zitat (von Freecastle):
Was würde denn passieren wenn mein Bekannter jetzt einfach kündigt und darauf besteht das alles so wie eigentlich mal vereinbart ausbezahlt zu bekommen?

Was passieren wird, weiß ich nicht, was passieren könnte, will aber bedacht sein: Wenn dein Bekannter anfängt, auf etwas zu bestehen. dürfte der Effekt sein, dass auch der AG 'grundsätzlich' wird und dies und jenes auf die Goldwaage zu legen beginnt. M.a.W.: Es dürfte zu einer Verhärtung kommen, bei der am Ende niemand gewinnt. Der Weg, zu einem brauchbaren Kompromiss zu kommen, scheint mir der bessere.

Am Rande: Wenn die ganze Beschäftigung richtig aufgearbeitet wird, zahlt dein Kumpel zwar Abgaben, aber eben auch in die Rentenkasse ein. Was ihn freuen dürfte, wenn auch erst später.

-- Editiert von User am 9. Dezember 2024 18:33

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#5
 Von 
Freecastle
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Also vielen lieben herzlichen Dank für alle Rückmeldungen, mir hat das sehr geholfen eine ungefähre Einschätzung zu bekommen.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(127475 Beiträge, 40816x hilfreich)

Zitat (von Freecastle):
Leider ja. Mein Bekannter ist leider sehr gutmütig und kann schlecht nein sagen. Zudem durchaus ein großes Vertrauen und keine sonderlich große Affinität für Lohnbuchhaltungsthemen.

Ja, habe ich mir schon gedacht.



Zitat (von Freecastle):
Und vielleicht um es verständlicher zu machen, wir sind hier im Bereich der Pflege. Da nutzt man sowas offensichtlich auch nur zu gerne aus.

Da ist das schon fast "Standard" wenn man gutmütig ist.



Zitat (von Freecastle):
Meinst du, weil eben immer mehr gearbeitet wurde, quasi implizit auch eine Art Einvernehmlichkeit von meinem Bekannten da war, dass den Minijob-Status so eigentlich gar nicht mehr gibt?

Korrekt.

Zu solchen Begebenheiten gehören immer 2, der Arbeitgeber der es mindestens mal duldet und der Arbeitnehmer der es halt akzeptiert und aktiv macht.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#7
 Von 
Holperik
Status:
Praktikant
(647 Beiträge, 209x hilfreich)

Zitat (von Freecastle):
Im Endeffekt sind auch alle an einer einvernehmlichen Lösung interessiert und ich finde den Vorschlag das so jetzt auszubezahlen auch grundsätzlich nicht ganz verkehrt.
Ich habe mich aber gefragt, und das ist jetzt auch meine eigentliche Frage: Was würde denn passieren wenn mein Bekannter jetzt einfach kündigt und darauf besteht das alles so wie eigentlich mal vereinbart ausbezahlt zu bekommen?
Oder weiter gedacht, wenn man damit sogar arbeitsrechtliche Schritte gehen würde, kann da vielleicht jemand eine Prognose abgeben, wohin da der Weg gehen würde?

Unterstellt, dass die Überstunden alle auf einen Schlag abgerechnet und ausgezahlt würden: die Überstunden werden als normaler Lohn versteuert und Beiträge abgeführt. Da in diesem Fall der Lohn in Zusammenrechnung mit dem eigentlichen Hauptverdienst zur Einkommenssteuer zu veranlagen ist, geht ihnen auf Grund der Progression wahrscheinlich erstmal die Einkommenssteuer durch die Decke (kommt drauf an wie viele Ü-Stunden es sind), denn Überstunden (mit Ausnahme gewisser Zuschläge) sind steuerpflichtig.

Vielleich bietet es sich an, die Auszahlung je zu Hälfte auf das Jahr 2024 und 2025 zu verteilen, den dann erhöht sich das laufende Einkommen nicht so stark.

Die "rückwirkende" Umstellung auf Teilzeit ist zwar grundsätzlich denkbar, aber inhaltlich aus meiner Sicht falsch. Denn steuerrechtlich ist der Zeitpunkt der Auszahlung des Geldes (Zuflussprinzip) relevant, d.h. es ist (bei Auszahlung heute) auf heute abzustellen, nicht auf den Durchschnitt der letzten xy Jahre. Ob es das Finanzamt merkt, sei dahingestellt, ob man es riskieren möchte, muss jeder selber wissen.

Bis Ende 2024 gibt es noch die Möglichkeit, die Überstunden über die Inflationsausgleichsprämie (§ 3 Nr.11 EStG) zumindest teilweise steuerfrei zu stellen, da Überstunden nicht als regelmäßiges Einkommen i.S.d. Vorschrift gelten. Hier sind also bis zu 3000 € möglich.

Zitat (von Freecastle):
Oder weiter gedacht, wenn man damit sogar arbeitsrechtliche Schritte gehen würde, kann da vielleicht jemand eine Prognose abgeben, wohin da der Weg gehen würde?

Bei Prognosen besteht das Problem, dass sie unsicher sind, wenn sie die Zukunft betreffen.
Läßt sich also nicht sagen.
Man müsste zunächst mal Klage auf Zahlung erheben und die Anzahl der Überstunden darlegen und ggf. beweisen. Der Arbeitgeber könnte z.B. das Bestehen der Überstunden bestreiten. Überstunden fallen nur an, wenn sie angeordnet oder geduldet wurden. In der Regel beruft sich der AN darauf, dass die Ü-Stunden geduldet wurden, weil er die Anordnung nicht beweisen kann. Die Arbeitsgerichte nehmen viele Überstunden zwar als Hinweis auf eine Duldung, allerdings kann die Vereinbarung eines Minijobs gerade dagegen sprechen usw.
Der Arbeitgeber könnte aber auch einfach auszahlen - die Steuern und Abgaben sind für ihn so oder so gleich hoch.

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