Auch im Internet sind der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt

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Ungeachtet des im Grundgesetz verankerten Rechts auf Meinungsfreiheit dürfen auch in Internetblogs über Andere weder Unwahrheiten noch Beleidigungen ungestraft verbreitet werden. Das bestätigten unlängst das Landgericht Berlin und das Landgericht Düsseldorf in zwei getrennten Verfahren. Damit erwirkte ein Internetdienstleister, dessen Interessen von der Kanzlei BERGER Rechtsanwälte (Düsseldorf/Köln) vertreten wurden, einstweilige Verfügungen gegen zwei Blogbetreiber. Ihnen droht im Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. In beiden Fällen müssen die Blogbetreiber die Kosten des Gerichtsverfahrens zahlen.

Im ersten Fall hatte der Blogbetreiber den Internetdienstleister und dessen Mitarbeiter während einer anhängigen gerichtlichen Auseinandersetzung mit einem vulgären Schimpfwort („Arschgeige") belegt und diese Äußerung in mehreren im Internet öffentlich gemachten Interviews kundgetan. Darüber hinaus verbreitete er die Behauptung, dass der Internetdienstleister gegen ihn Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet und weiterbetrieben habe, obwohl er seine Schulden bereits bezahlte. Dem Blogbetreiber konnte allerdings das Gegenteil nachgewiesen werden. In dem vulgären Schimpfwort, das der Blogbetreiber gegenüber Mitarbeitern des Internetdienstleisters verwendete, sah das Landgericht Berlin eine „Formalbeleidigung, die keinerlei Auseinandersetzung in der Sache enthält und daher unter keinen denkbaren Umständen gerechtfertigt ist" (Az.: 91 O 11/11, einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 31. Januar 2011).

Im zweiten Fall hatte der Blogbetreiber über die Geschäftsführer des Internetdienstleisters die Äußerung verbreitet: „Ich meine, man hat es seinerzeit geschafft, die Pest auszurotten. Dann sollten zwei Scheißhausfliegen kein Problem darstellen, oder?" Das Landgericht Düsseldorf untersagte dem Blogbetreiber die Äußerung wegen besonderer Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung. (Az.: 12 O 206/10, einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 1. Juni 2010).

In beiden Fällen hatten die Gerichte auf zivilrechtlichem Wege geprüft, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, die Wiederholung der unwahren Behauptung bzw. der Beleidigung zu verbieten. Daneben gibt es aber theoretisch auch die Möglichkeit, strafrechtlich gegen solche Äußerungen vorzugehen; dann drohen sogar Freiheitsstrafen.

Grundsätzlich stehen aus Sicht von Rechtsexperten Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht – beides ist im Grundgesetz verankert – in einem Spannungsfeld. Juristen weisen darauf hin, dass nicht immer eine Beleidigung im rechtlichen Sinne vorliegt, wenn sich jemand beleidigt fühlt. Was für den einen eine Beleidigung ist, kann für den anderen ein Lob sein. Eine Beleidigung kann auch dann vorliegen, wenn man im Kern eine Wahrheit sagt – etwa „Zwerg" für einen kleinwüchsigen Menschen. Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber im Strafgesetzbuch (StGB) vermieden, Beispiele dafür zu geben, was konkret gesagt werden kann und was nicht (§ 185 StGB).

Zielt eine Äußerung darauf ab, einen anderen in seiner Ehre zu verletzen und hat sie darüber hinaus „keinen Wert", liegt aus Sicht der Juristen höchstwahrscheinlich eine Beleidigung im rechtlichen Sinne vor. Ganz eindeutig inakzeptabel ist es, andere mit Schimpfwörtern zu belegen.

Wer glaubt, bei einer Auseinandersetzung mit seiner Meinungsäußerung im Recht zu sein, sollte seine Position von einem Experten überprüfen lassen und offen für einen Kompromiss sein. Keinesfalls sollte man auf Biegen und Brechen an seiner Äußerung festhalten, sondern vielmehr offen für andere Sichtweisen sein, so der Ratschlag von Juristen. Das kann Nerven, Zeit und Geld sparen.

Eine rechtliche Handhabe gegen das Verbreiten einer Unwahrheit besteht laut Experten ebenfalls nur unter bestimmten Voraussetzungen. Dies ist erst möglich, wenn sich die Lüge auf eine andere Person bezieht. Lügt jemand zum Beispiel, dass er eine Schuld bezahlt habe und sein Gläubiger verlange trotzdem noch Geld oder habe gar trotz der Bezahlung noch vollstreckt, ist durch diese Lüge ein Anderer betroffen. Dieser Andere steht dann vor allem so dar, als ob er zu Unrecht Geld verlangt. Damit erreicht die Lüge die Qualität, dass der davon Betroffene sich juristisch dagegen wehren kann.

Die Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Landgerichts Düsseldorf im Volltext finden Sie hier:

http://www.berger-law-koeln.de/aktuelles/Die-Grenzen-der-Meinungsfreiheit-im-Internet.7ecbf.php