Entschädigung wegen Altersdiskriminierung bei der Einstellung

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Da informiert man sich im Internet über aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitgericht und stößt auf der Homepage des Gerichts auf folgende Pressemitteilung (Nr. 119/09):    

Das beklagte Land hat die Revision zurückgenommen; eine Entscheidung erging daher nicht.  

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 8 AZR 780/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 7. August 2008 - 11 Sa 284/08 –

Wenn das kein Anlass ist, sich mit der zugrundeliegenden Entscheidung auseinander zu setzen, hier   also dem benannten Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm. Die zuständige Kammer hatte immerhin w egen „grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache... gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zugelassen" und das beklagte Land hatte offenbar auch Rechtsmittel eingelegt.

 

In den Leitsätzen des Urteils vom 07.08.2009 heißt es:  

  1. Der öffentliche Arbeitgeber schuldet eine Entschädigung nach § 15 Abs.2 AGG, wenn er eine Arbeitsstelle im allgemeinen Vollzugsdienst für einen Bewerberkreis "20 - 25 Jahre alt" ausschreibt und einen 28jährigen Bewerber zurückweist, weil man aufgrund der geplanten späteren Übernahme in das Beamtenverhältnis an die in der Stellenausschreibung genannte Altersgrenze gebunden sei.
  2. Die Benachteiligung des Bewerbers wegen seines Alters ist nicht nach § 10 Satz 3 Nr.3 AGG aus den Erwägungen zulässig, mit denen die Höchstaltersgrenze für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis gerechtfertigt wird (Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand mit Bezug der beamtenrechtlichen Versorgung):
    1. Nach der Stellenausschreibung soll ein Arbeitsverhältnis und kein Beamtenverhältnis begründet werden. Das Arbeitsverhältnis eröffnet keinen Zugang zu einer beamtenrechtlichen Versorgung.
    2. Die Absicht, der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu einem späteren Zeitpunkt (bei positiver Entwicklung) eine Übernahme in das Beamtenverhältnis folgen zu lassen, führt nicht dazu, dass die Ungleichbehandlung des Bewerbers objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel i.S.v. § 10 AGG gerechtfertigt ist. Ein vorgeschaltetes Arbeitsverhältnis ist laufbahnrechtlich nicht Voraussetzung für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst als Justizvollzugsobersekretäranwärter (Beamter auf Widerruf).

In den Gründen des Urteils wird ausgeführt, dass nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ein Beschäftigter bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach dem AGG von dem Arbeitgeber für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann. Im folgenden werden dann die Anspruchsvoraussetzungen geprüft. Diese sind ganz allgemein:  

-           Geschützter Personenkreis:  

Durch das Gesetz werden die Beschäftigten geschützt (§ 6 AGG). Dies sind:

• Arbeitnehmer/-innen

• Auszubildende

• Arbeitnehmerähnliche Personen, Heimarbeiter/-innen

• Bewerber/-innen für ein Beschäftigungsverhältnis

• Ehemalige Beschäftigte

• Selbständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer/innen und Vorstände, soweit es um den Zugang zur Erwerbstätigkeit und den beruflichen Aufstieg geht.  

-           Benachteiligungsverbote:  

Beschäftigte dürfen nicht wegen einer der folgenden Gründe benachteiligt werden (§ 7 Abs. 1, § 1 AGG):

• Rasse oder ethnische Herkunft,

• Geschlecht,

• Religion oder Weltanschauung,

• Behinderung,

• Alter,

• Sexuelle Identität.

Nach § 3 AGG („Begriffsbestimmungen") stellen eine Benachteiligung dar:

• Unmittelbare Benachteiligung

• Mittelbare Benachteiligung

• Belästigung

• Sexuelle Belästigung

• Anweisung zur Benachteiligung

Unter gewissen Voraussetzungen sind Ungleichbehandlungen gerechtfertigt. Rechtfertigungsgründe sind z. B. in § 8 und 9 AGG genannt. Mit der z ulässigen unterschiedliche Behandlung wegen des Alters befasst sich § 10 AGG.

Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach dem AGG sind:

-           Diskriminierende Bestimmungen in Vereinbarungen sind unwirksam (§ 7 Abs. 2 AGG)

-           Es gibt ein „Beschwerderecht" (§ 13 Abs. 1 AGG) und es gilt ein „Maßregelungsverbot" (§ 16 AGG)

-           Der Beschäftigte kann „Entschädigung und Schadensersatz" fordern (§ 15 AGG).

Schadensersatz und Entschädigung müssen binnen zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG), es sei denn die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt bei einer Bewerbung oder Beförderung mit dem Zugang der Ablehnung, ansonsten mit der Kenntniserlangung von der Benachteiligung.

In dem benannten Urteil vom 07.08.2009 heißt es im Bezug auf § 15 Abs. 2 AGG:

Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG darf bei einer Nichteinstellung die Entschädigung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Bei der Frage der Angemessenheit haben die Gerichte einen weiten Beurteilungsspielraum. Im Vordergrund steht der Ersatz des immateriellen Schadens, daneben sind bei der Bemessung der Entschädigungshöhe aber auch Aspekte zur Verhaltenslenkung zu berücksichtigen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dazu zählen etwa Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und ihre Folgen und der Grad des Verschuldens. Zusätzlich ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen. Die Höhe ist auch danach zu bemessen, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist.

Konkret wurde dem Kläger eine Entschädigung von 3.000,00 € zuerkannt.