Arglistige Täuschung beim Immobilienkauf

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Was können Käufer bei verschwiegenen Mängeln an der Immobilie tun?

Der Erwerb einer Immobilie ist oft ein einschneidendes Erlebnis und für viele die Erfüllung eines Traums. Umso bitterer ist dann, wenn sich nach dem Kauf Mängel am Haus oder an der Wohnung herausstellen. 123recht.de hat mit Herrn Rechtsanwalt Johannes Kromer gesprochen, der als Berater von Käufern, Verkäufern und Immobilienmaklern häufig mit diesen Themen zu tun hat.

123recht.de: Herr Kromer, warum sprechen wir im Immobilienbereich so oft von der arglistigen Täuschung? Ist das nicht etwas hoch gegriffen?

Johannes Kromer
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Rechtsanwalt
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Rechtsanwalt Kromer: Richtig ist, dass der Begriff der arglistigen Täuschung schon sehr stark ist und in anderen Rechtsbereichen nicht ganz so inflationär verwendet wird. Das erklärt sich dadurch, dass wir im Immobilienbereich oft die Situation haben, dass eine Privatperson von einer anderen Privatperson kauft. In diesen Fällen erlaubt das Gesetz, einen Haftungs- und Gewährleistungsausschluss zu vereinbaren.

123recht.de: Und darauf lassen sich die Käufer ein?

Rechtsanwalt Kromer: Das ist alles andere als ungewöhnlich. Natürlich möchte eine Privatperson, die jahrelang in einer Wohnung lebte, nun für diese vielleicht schon viele Jahrzehnte alte Wohnung keine Gewähr übernehmen. In der Praxis stellt sich diese Frage häufig noch nicht einmal, da eine entsprechende Klausel so gut wie in jedem notariellen Standard-Vertrag enthalten ist.

Kein Gewährleistungsausschluss bei arglistig verschwiegenen Mängeln

123recht.de: Und eine arglistige Täuschung hebelt den Gewährleistungsausschluss aus?

Rechtsanwalt Kromer: Es würde grundlegenden Rechtsprinzipien widersprechen, wenn ein Verkäufer Mängel kaschieren würde und sich dann auf einen Haftungsausschluss berufen könnte. Daher gilt: Wenn ein Mangel arglistig verschwiegen wurde, greift der Gewährleistungsausschluss nicht ein.

123recht.de: Das heißt, dass in diesen Fällen der Verkäufer den Schaden beheben muss?

Rechtsanwalt Kromer: Theoretisch ja. Praktisch ist das eher selten, da durch die arglistige Täuschung dem Käufer sehr viele Möglichkeiten an die Hand gegeben werden und er wohl nur selten möchte, dass die Person, die ihn doch getäuscht hat, nun eigenhändig einen Schaden behebt.

Bei gravierenden Mängeln kann der Hauskauf rückabgewickelt werden

123recht.de: Was sind die Möglichkeiten, die der Getäuschte hat?

Rechtsanwalt Kromer: Am gravierendsten ist die Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages. Das kommt vor allem bei gravierenden Mängeln wie beispielsweise einer fehlenden Baugenehmigung in Betracht. Klassischerweise möchte der Käufer aber dennoch am Vertrag festhalten und verlangt einen Schadensersatz für die Beseitigung der Mängel oder nimmt eine Kaufpreisminderung vor.

123recht.de: Was versteht der Jurist unter einer arglistigen Täuschung?

Rechtsanwalt Kromer: Schon aus dem Begriff ergibt sich, dass hier zwei Elemente zu unterscheiden sind, die Arglist und die Täuschung. Zunächst ist eine Täuschung erforderlich. Darunter versteht man das Vorspiegeln falscher Tatsachen. Im Immobilienbereich beispielsweise die Zusage bestimmter Eigenschaften, wie Wohnfläche, Baujahr, etc. Praxisrelevanter ist aber oft das, was nicht gesagt wird. Die Täuschung kann nämlich auch durch Unterlassen begangen werden.

123recht.de: Wie kann durch Unterlassen getäuscht werden?

Rechtsanwalt Kromer: Der Bundesgerichtshof ist hier seit Jahrzehnten recht stringent: Ein Verkäufer muss von sich aus über Umstände belehren, die er kennt und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind. Klassisches Beispiel wären Altlasten auf dem Grundstück oder eine Nutzungsuntersagung durch die Baubehörde oder z.B. eine fehlende Baugenehmigung.

Verkäufer müssen sich Äußerungen des Maklers zurechnen lassen

123recht.de: Jetzt werden doch oft von Verkäufern Immobilienmakler eingesetzt, so dass der Verkäufer weitgehend außen vor ist?

Rechtsanwalt Kromer: Das ist ein Irrglaube. Wenn der Immobilienmakler vom Verkäufer eingeschaltet wurde, dann hat sich der Verkäufer auch die Äußerungen des Maklers zurechnen zu lassen.

123recht.de: Das heißt aber, dass eine Täuschung in der Regel recht gut nachweisbar sein wird.

Rechtsanwalt Kromer: Grundsätzlich ja. Allerdings ist natürlich nicht jede Äußerung, die nicht der Wahrheit entspricht, gleichzeitig eine Täuschung. So sind subjektive Meinungsäußerungen des Verkäufers außer Betracht zu lassen. Ebenfalls keine Täuschung stellen so genannte „marktschreierische Anpreisungen ohne sachlichen Gehalt“ dar. Der Bundesgerichtshof meint dazu, dass diese Äußerungen ohnehin kein vernünftiger Mensch ernst nimmt.

123recht.de: Und was ist Arglist?

Rechtsanwalt Kromer: Der Täuschende muss wissen und wollen, dass der andere Teil durch die Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst wird, die er anderenfalls so nicht abgegeben hätte.

Geht es um die Täuschung durch Unterlassen, dann ist maßgeblich, dass der Täuschende zumindest damit rechnen musste und dies auch billigend in Kauf nimmt, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat und diese Umstände seine Kaufentscheidung aber beeinflussen könnten.

Bloße Behauptungen sind noch keine Arglist

123recht: Das ist wahrscheinlich schwer nachzuweisen?

Rechtsanwalt Kromer: In der Tat reichen hierzu bloße Behauptungen des Getäuschten regelmäßig nicht aus. Der Verkäufer argumentiert häufig damit, dass er von einem Mangel nichts wusste oder selbst einem Irrtum aufgesessen ist. Hier gilt es dann im Detail herauszuarbeiten, warum der Verkäufer Kenntnis haben musste. Allerdings gehen die Gerichte an solche Angelegenheiten auch mit einer realistischen Einschätzung heran, so dass bei klar falschen Angaben bereits aus der Täuschungshandlung als solcher auf die Arglist geschlossen werden kann.

Die Baugenehmigung bereitet oft Probleme

123recht: Was sind die Dauerbrenner in der Praxis?

Rechtsanwalt Kromer: Tatsächlich recht relevant ist das Thema der Baugenehmigung. Eine Baugenehmigung liegt zwar oft vor, erlaubt aber ggf. nicht jede Nutzung. Das ist vor allem dann relevant, wenn das Objekt früher zumindest teilweise gewerblich genutzt wurde.

Weiter bezieht sich die fehlende Baugenehmigung oft auch Nebengebäude, wie ein zu großes Gartenhaus, nicht genehmigte Schuppen, Zäune etc.Schließlich kommt es auch häufig vor, dass der Verkäufer irgendwann im Laufe der Zeit selbst Umbauten vorgenommen hat, z.B. Dachgeschoss oder Keller für ein Kinderzimmer oder Büro umgebaut hat, was ggf. genehmigungspflichtig gewesen wäre.

123recht: Wie ist in diesem Bereich die Tendenz der Rechtsprechung?

Rechtsanwalt Kromer: Die Rechtsprechung ist hier sehr käuferfreundlich. So ist der Bundesgerichtshof der klaren Ansicht, dass sich auf einem verkauften Grundstück keine Bauwerke befinden dürfen, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet wurden und für die auch keine rechtsverbindliche behördliche Erklärung vorliegt, wonach die Bauten weiterhin geduldet werden.

123recht: Was ist mit Baumängeln?

Rechtsanwalt Kromer: Auch das ist ein Dauerbrenner, allerdings haben wir hier häufig ein Spannungsverhältnis. Die Rechtsprechung verlangt, völlig zu Recht, dass sich ein Kaufinteressent ein genaues Bild von der Immobilie macht. Mängel, die er bei einer im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann, muss der Verkäufer nicht offenbaren.

Umgekehrt haben wir aber hier oft auch eindeutige Fälle. Wenn „zufällig“ die Kellerwand frisch gestrichen wurde und nach ein paar Monaten die Feuchtigkeit wieder durchdringt, liegt die arglistige Täuschung auf der Hand.

123recht: Vielen Dank für das Gespräch.

Gerne stehe ich Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung. Ich setze mich bundesweit für Ihre Interessen ein.

Rechtsanwalt Kromer
Tannenweg 17
72654 Neckartenzlingen
info@rechtsanwalt-kromer.de
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Leserkommentare
von Maiclyde am 28.02.2020 07:51:20# 1
Prima Artikel, mir fehlen aber Hinweise zu der Verjährung und Haftung von Erben bei Tod des Verkäufers.