Rechtsprechung zur Pfändbarkeit der Corona-Soforthilfen

Mehr zum Thema: Verfahrensrecht, Corona-Soforthilfe, Forderung, P-Konto, Kontopfändung, Sockelbetrag
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Das LG Köln (Beschl. vom 23.04.2020, Az.: 39 T 57/20 – justiz.nrw.de) hat entschieden, dass Corona Soforthilfen auf Antrag vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger geschützt werden können

Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt:

Der Schuldner erhielt eine Zahlung aus dem Bundesprogramm «Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige» in Höhe von 9.000 EUR als einmalige Pauschale. Diese Einmalzahlung dient ausweislich des Zuwendungsbescheides der Stadt insbesondere zur Überbrückung finanzieller Engpässe seit dem 01.03.2020, aber nicht für wirtschaftliche Schwierigkeiten, die bereits vor dem 01.03.2020 entstanden sind.

Nachdem die Soforthilfe auf dem P-Konto des Schuldners gutgeschrieben wurde, verweigerte die Bank aufgrund einer noch bestehenden Kontopfändung die Auszahlung des Guthabens, das über den eingerichteten Sockelbetrag hinausging. Die betreffende Kontopfändung aus 2017 basierte auf dem Titel eines Gläubigers, der gegen den Schuldner eine Honorarforderung aus den Jahren 2014 und 2015 vollstreckte. Der Schuldner stellte daraufhin einen Antrag auf Aufhebung der Pfändung und Freigabe des Betrages in Höhe von 9.000 EUR bei dem zuständigen Amtsgericht. Der Betrag wurde anschließend zugunsten des Schuldners freigegeben. Nachdem der Gläubiger gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rechtsmittel einlegte, entschied das Landgericht:

Die Corona-Soforthilfe ist eine nicht übertragbare Forderung im Sinne des § 851 ZPO, die aufgrund ihrer Zweckbindung unpfändbar ist. Denn sie verfolgt den Zweck der wirtschaftlichen Existenzsicherung des Begünstigten und soll auch der Überbrückung coronabedingter finanzieller Engpässe dienen. Ein uneingeschränkter Gläubigerzugriff auf diese Leistung würde der damit verfolgten Zweckbindung widersprechen. Demzufolge muss der überwiesene Betrag auch auf dem P-Konto des Leistungsempfängers geschützt werden. Weil § 850k Abs. 4 ZPO diesen Fall nicht erfasst, kann Pfändungsschutz nur über § 765a ZPO sichergestellt werden.

Kein Zugriff von Altschuldnern auf die Soforthilfe möglich

Sog. «Altgläubiger», deren Forderung gegen den Schuldner vor der Corona-Pandemie entstanden ist, können also nicht auf die Soforthilfe über Vollstreckungsmaßnahmen zugreifen.

Etwas anderes gilt aber für sog. "Anlassgläubiger", d.h. Gläubiger, die über die Zweckgebundenheit der Corona-Soforthilfe geschützt werden sollen. Soweit die Soforthilfe zur Deckung der laufenden Betriebskosten des Unternehmens dient, kann sie zugunsten von aktuellen Vermietern, Leasinggebern oder z.B. auch Lieferanten gepfändet werden.

Die Argumentation des LG Köln ist überzeugend und berücksichtigt insbesondere, dass ein Abbau von Altschulden nicht durch staatliche Hilfsmaßnahmen vorgenommen werden darf. In diesem Sinne hat auch das FG Münster im Rahmen einer einstweiligen Anordnung (Beschl. vom 13.05.2020 – 1 V 1286/20 AO – kostenfrei abrufbar unter justiz.nrw.de) entschieden. Zum Schutz der Corona Soforthilfe ist aber ein Antrag notwendig!

Bei Fragen zum Thema Kontopfändungsschutz können Sie sich gerne an mich wenden. Ich berate und vertrete Sie bundesweit!