Die wichtigsten Unterschiede zwischen spanischem und deutschem Erbrecht

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Deutsch-spanisches Erbrecht Teil 2 - Erbfolge Ehegattenerbrecht Pflichtteile usw.

Dieser Ratgeber in mehreren Teilen beschäftigt sich mit dem deutschen und dem spanischen Erbrecht. Er bietet Informationen für die vorausschauende Nachlassplanung, wenn bei dieser ein Bezug zu Spanien zu beachten ist und hilft bei der Orientierung von Erben, wenn die Erbschaft ganz oder zum Teil aus in Spanien gelegenem Vermögen besteht.

Der zweite Teil dieses Ratgebers erläutert grundlegende Prinzipien des spanischen nationalen Erbrechts und vergleicht diese mit den deutschen Regelungen.

Robert Engels
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Am Riddershof 17
47805 Krefeld
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Die gesetzliche Erbfolge

In den Artikeln 915 ff des spanischen Bürgerlichen Gesetzbuches, Código Civil, im Folgenden CC) regelt der Gesetzgeber die gesetzliche Erbfolge aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses (Parentesco) und teilt diese, ähnlich wie das deutsche Recht, in Ordnungen auf. Dabei schließen vorhandene Erben einer niedrigeren Ordnung die Verwandten einer höheren Ordnung aus. Dabei sind Abkömmlinge (also Kinder und Enkelkinder usw.) Erben erster Ordnung und schließen andere Verwandte von der Erbfolge aus. Hatte der Erblasser keine Abkömmlinge, erben die Vorfahren (Eltern oder deren Eltern usw.) als Erben zweiter Ordnung und schließen wiederum andere Verwandte aus. Nur wenn weder Abkömmlinge noch Vorfahren leben, wird der überlebende Ehegatte gesetzlicher Erbe, erst dann die Seitenverwandten (Geschwister und deren Abkömmlinge).

Die gesetzliche Erbfolge nach spanischem Recht unterscheidet sich daher bei der Einteilung der Verwandtschaftsverhältnisse von der gesetzlichen Erbfolge der § 1922 BGB. Zwar sind die Abkömmlinge nach beiden Rechtsordnungen Erben der ersten Ordnung, nach deutschem Recht würden jedoch dann, wenn weder Abkömmlinge noch Eltern leben, die Geschwister des Erblassers als Kinder der Eltern vor den Großeltern erben.

Das Ehegattenerbrecht

Wie bereits erwähnt erben Ehegatten nach spanischem Recht nur dann, wenn sie weder durch Abkömmlinge noch Vorfahren von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden.  Im Gegensatz zum deutschen Erbrecht, das dem Ehegatten gem. § 1931 BGB immer eine gesetzliche Erbquote auch neben anderen Erben zuspricht, erbt dieser also nicht, solange Abkömmlinge oder Vorfahren leben. Jedoch spricht das spanische Gesetz dem überlebenden Ehegatten in diesen Fällen Nießbrauch an Teilen oder an dem gesamten Nachlass zu, je nachdem wer Erbe wird. Dieser Nießbrauch bezieht sich nicht auf einzelne Vermögenswerte des Verstorbenen, sondern auf den Nachlass als solches. Die Erben können den Nießbrauch des Ehegatten mit dessen Einverständnis durch Zahlung einer monatlichen Rente, der Übereignung einzelner Vermögenswerte oder einer einmaligen Entschädigungszahlung erfüllen.    

Die Pflichtteile

Grundsätzlich gilt, dass das spanische Pflichtteilsrecht (legítima) die Pflichtteilsberechtigten besser stellt als der deutsche Gesetzgeber, wenn diese durch eine Verfügung von Todes wegen von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden.

Anders als in Deutschland erhält der Pflichtteilsberechtigte, der folgerichtig auch „gezwungener Erbe" (heredero forzoso) genannt wird, nicht lediglich einen finanziellen Anspruch gegenüber dem oder den Erben (in Deutschland: Pflichtteil durch Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Erbquote), sondern wird Erbe (also Eigentümer) eines Mindestanteils des Nachlasses. Dies bedeutet, dass der Erblasser in Spanien nicht immer über sein gesamtes Vermögen verfügen kann, sondern beispielsweise dem Kind oder den Kindern 2/3 des Nachlasses als Pflichtteil zustehen.  Das spanische Pflichtteilssystem ist recht komplex und beinhaltet auch die so genannte „Verbesserung" (mejora), bei der es sich um einen Teil des Vermögens handelt, um den der Erblasser den gesetzlichen Erbteil u.U. erhöhen kann.

Anders als im deutschen Recht ist ein Pflichtteilsverzicht im Vorfeld des Eintritts des Erbfalles unzulässig.

Die Annahme und Ausschlagung des Erbes

Ist deutsches Recht anwendbar, kann der Erbe die Erbschaft innerhalb einer Frist von 6 Wochen ab „Kenntis von dem Anfall und dem Grunde der Berufung" ausschlagen, § 1944 BGB. Dies bedeutet, dass der Erbe Kenntnis von dem Todesfall, seinem Verwandschaftsverhältnis zu dem Verstorbenen und der rechtlichen Grundlage seiner Erbenstellung, also ob er kraft Gesetz oder per Verfügung von Todes wegen Erbe ist, haben muss. Hält sich der Erbe im Ausland auf oder hat er dort seinen Wohnsitz, beträgt die Frist 6 Monate. Wird die Erbschaft nicht fristgerecht ausgeschlagen gilt sie als angenommen.

Demgegenüber tritt in Spanien ein Schwebezustand ein, bis der Erbe die Erbschaft entweder ausdrücklich oder konkludent annimmt bzw. ausdrücklich ausschlägt. Jedoch ist er dazu grundsätzlich nicht an eine Frist gebunden, kann jedoch von Dritten gerichtlich zur Erklärung über die Annahme oder Ausschlagung aufgefordert werden. Die Eröffnung dieses gerichtlichen Verfahrens zur Aufforderung kann nicht innerhalb der ersten 9 Tages nach dem Tode des Erblassers beantragt werden.

Die Haftung des Erben

Sowohl nach deutschem als auch nach spanischem Recht umfasst das Erbe grundsätzlich sowohl Vermögen als auch Verbindlichkeiten des Erblassers. Ist der Erbe nicht sicher, ob das Vermögen die Verbindlichkeiten übersteigt, bleibt ihm in Deutschland nur die Möglichkeit einen Antrag auf Nachlassverwaltung zu stellen. Dadurch ist seine Haftung auf den Nachlass begrenzt, er verliert jedoch die Verfügungsbefugnis über die Vermögenswerte, denn die Verwaltung erfolgt durch den Nachlassverwalter, dessen Tätigkeit aus dem Nachlass vergütet wird.

Nach spanischem Recht bietet sich eine etwas günstigere Variante. Die Erbschaft kann entweder „pura y simple" oder „ a beneficiario de inventario" angenommen werden. Ersteres ist die normale Erbannahme unter Eintritt in alle Rechte und Pflichten des Erblassers. Die zweite Variante ist die Erbannahme innerhalb einer gesetzlichen Frist unter Aufstellung eines Nachlassinventars. Der Erbe haftet in diesem Fall nur mit dem in dem Nachlassinventar aufgeführten Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten.

Ratschlag:

Das deutsche Erbrecht gewährt größere Verfügungsfreiheiten im Rahmen von testamentarischen Lösungen, eine stärkere erbrechtliche Stellung des Ehegatten und bevorzugt die Geschwister des Erblassers zuungunsten der Großeltern. Das spanische Erbrecht gewährt dem Pflichtteilsberechtigten eine stärkere Position und erlaubt den Erben einen besseren Schutz bei einem möglicherweise überschuldeten Nachlass.

Im Hinblick auf die eigene Nachlassplanung sollten diese Unterschiede bedacht und gegebenenfalls die Möglichkeit der Rechtswahl für Erbfälle ab dem 17. August 2015 genutzt werden.   

Beachten sie bitte, dass die vorstehenden Ausführungen keinen vollständigen Überblick über die Unterschiede beider Rechtsordnungen geben kann, da diese Plattform für Darstellungen solchen Umfangs nicht geeignet sind. Gerne stehe ich Ihnen aber für konkrete Fragen zur Verfügung.

In Kürze erscheint Teil 3 dieses Ratgebers mit dem Titel „Verfügungen von Todes wegen im Rahmen von Deutsch-Spanischen Erbfällen".

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Robert Engels
Rechtsanwalt
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