Verbraucherrechterichtlinie - Was ändert sich noch?

Mehr zum Thema: Verfahrensrecht, Verbraucherrechte, Richtlinie, Gesetzentwurf, Ausnahmen, Widerrufsrecht, Erlöschen
4,36 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
11

Zweiter von drei Teilen eines Beitrags über den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie

Nachdem das Bundeskabinett am 19.12.12 das Gesetz über die Umsetzung der sogenannten Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) beschlossen hat, wird dieses nun dem Bundestag und Bundesrat vorgelegt werden. Das Inkrafttreten ist für den 13. Juni 2014 vorgesehen.

Teil 2 des Beitrags:

Neuerungen im Widerrufsrecht

Das zentrale Verbraucherrecht ist das Widerrufsrecht. So beschäftigt sich eine Vielzahl von Regelungen in der Verbraucherrechterichtlinie und folglich auch im Gesetzesentwurf mit dem Widerrufsrecht. Zukünftig wird die Widerrufsfrist einheitlich immer 14 Tage betragen. Eine Frist von einem Monat, wie sie bislang in Fällen galt, in denen erst nach Vertragsschluss in Textform belehrt wurde, entfällt.

Die Widerrufsfrist beginnt wie bisher bei Warenlieferungen in der Regel mit Erhalt der Ware, bei Dienstleistungen mit Vertragsschluss.

Rückgaberecht entfällt

Der Gesetzesentwurf verabschiedet sich vom Rückgaberecht und sieht künftig nur noch das Widerrufsrecht vor. Ein Widerruf durch schlichte Rücksendung der Ware ist damit nicht mehr möglich, es sei denn diese Möglichkeit wurde zwischen den Parteien vereinbart. Erforderlich ist vielmehr eine ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Diese Erklärung bedarf jedoch keiner bestimmten Form. Sie ist also auch mündlich oder telefonisch zu erklären. In der Praxis wird aber sicherlich der Widerruf per Email am häufigsten vorkommen.

Rückabwicklung in §§ 357ff BGB-E

Die Rückabwicklung bei einem Widerruf wird künftig nicht mehr durch einen Verweis auf die Regelungen zum Rücktritt (§§ 346ff BGB) geregelt, sondern durch eigene, in den §§ 357ff des GEsetzesentwurfs (BGB-E) enthaltene Vorschriften. Diese halten sich inhaltlich jedoch grundsätzlich an die bisherige Rechtslage. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass der Unternehmer künftig die Rückzahlung des Kaufpreises solange verweigern darf, bis er die Ware zurückerhalten oder der Verbraucher nachgewiesen hat, die Ware an den Unternehmer versendet zu haben. Diese Regelung ist sachgerecht, da sie den Unternehmer nicht ohne Weiteres verpflichtet, den gesamten Kaufpreis bereits bei Erklärung des Widerrufs zu erstatten, ohne dass der Verbraucher die Ware zurücksendet. Nach aktueller Rechtslage ist der Unternehmer darauf beschränkt, den Verbraucher auf Herausgabe (nötigenfalls gerichtlich) in Anspruch zu nehmen, ohne dass dies einen Einfluss auf seine Pflicht zur Erstattung des Kaufpreises hat. Die neue
Regelung belastet aber auch den Verbraucher nicht übermäßig, da ihm nur zugemutet wird, die Absendung der Ware zu beweisen. Er trägt auch weiterhin nicht die Gefahr des Untergangs, d.h. wenn die Ware auf dem Transport verloren geht oder beschädigt wird, muss der Unternehmer dennoch den vollen Kaufpreis erstatten.

Neue Widerrufsrechte

Künftig wird es bei allen Abonnements von Zeitungen und Zeitschriften ein Widerrufsrecht geben, nicht mehr nur, wie bisher, wenn die Verträge telefonisch abgeschlossen wurden. Hier scheint (endlich) ein Privileg aufgegeben worden zu sein, dessen Berechtigung mir von jeher nicht nachvollziehbar war.

Weiterhin besteht zukünftig auch ein Widerrufsrecht, wenn ein Vertrag am Arbeitsplatz oder in der Privatwohnung des Verbrauchers geschlossen wird, wenn die Verhandlungen auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt wurden. Nach aktueller Rechtslage schließt die vorherige Bestellung des Verbrauchers das Widerrufsrecht aus.

Neue Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Ebenso wurden weitere Fälle eingeführt, bei denen ein Widerrufsrecht künftig nicht mehr besteht. Hierbei handelt es sich um

  • Versiegelte Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Diese Ausnahme hat auch nach bisheriger Rechtsprechung bereits grundsätzlich bestanden, wird jetzt jedoch gesetzlich normiert.
  • Waren, die nach der Lieferung auf Grund ihrer Eigenart untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden. Hier dürfte schon aus tatsächlichen Gründen ein Widerrufsrecht daran scheitern, dass der Verbraucher die Sache nicht zurückgewähren kann.
  • Alkoholische Getränke, deren Preis bei einem Abschluss des Kaufvertrages vereinbart wurde und deren Lieferung aber erst nach 30 Tagen erfolgen kann und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat. Hier ist beispielsweise zu denken an hochwertige Weine, die kurz nach der Herstellung subskribiert werden, dann jedoch noch einigeMonate/Jahre beim Unternehmer verbleiben, bevor sie ausgeliefert werden.

Erlöschen des Widerrufsrechts

Bei der Erbringung von Dienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht künftig bereits dann, wenn der Unternehmer seine Dienstleistung vollständig erbracht hat, statt wie bisher erst, wenn der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers von beiden Seiten vollständig erfüllt ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der Verbraucher seine ausdrückliche Zustimmung dazu gegeben hat, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfristmit seiner Leistung beginnt und ausdrücklich bestätigt hat, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verlieren wird.

Das Gleich gilt bei Verträgen über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten. Auch hier erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig mit vollständiger Leistungserbringung durch den Unternehmer, wenn der vorzeitige Leistungsbeginn und der Verlust des Widerrufsrechts vom Verbraucher ausdrücklich bestätigt wurden.

Gänzlich neu ist, dass es zukünftig eine Höchstdauer für das Widerrufsrecht von einem Jahr und 14 Tagen geben wird. Nach aktueller Rechtslage beginnt die Widerrufsfrist erst mit ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht zu laufen. Bei einer fehlerhaften Belehrung beginnt die Frist somit niemals zu laufen und ein Widerruf ist auch nach vielen Monaten (im Einzelfall möglicherweise Jahren) noch möglich. Diese Rechtsunsicherheit wird zukünftig dadurch behoben, dass das Widerrufsrecht spätestens ein Jahr und 14Tage nach Empfang der Ware erlischt, unabhängig davon ob und ggf. wie über das Widerrufsrecht belehrt wurde (§ 356 Abs. 6 BGB-E).

Der dritte und letzte Teil dieses Beitrags befasst sich mit den Kosten der Rücksendung, der Widerrufsbelehrung und dem Versendungskauf. Sie finden Teil 3 in Kürze an dieser Stelle.

Wenn Sie Fragen zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie haben oder eine Beratung wünschen, sprechen Sie mich gern jederzeit an!

Das könnte Sie auch interessieren
Internetrecht, Computerrecht Die "Button-Lösung" - Neue Abmahnwelle für Online-Shops?
Datenschutzrecht Datenschutz: Darf die SCHUFA personenbezogenen Daten aus Sozialen Netzwerken wie Facebook verwenden?
Vertragsrecht Neues BGH Urteil zu vertraglichen Widerrufsrechten
Verbraucherschutz Verbraucherrechterichtlinie - Was ändert sich?