Nur Zeitwert wird bezahlt? Schmerzensgeldhöhe?

20. April 2014 Thema abonnieren
 Von 
Der Unbeugsame
Status:
Beginner
(82 Beiträge, 11x hilfreich)
Nur Zeitwert wird bezahlt? Schmerzensgeldhöhe?

Hallo zusammen,

ein Lkw-Fahrer war privat mit seinem kleinen 3,5ter unterwegs und übersah beim Abbiegen einen Fahrradfahrer und fuhr diesen an. Er hat seine Schuld auch gleich vor Ort der Polizei eingestanden und wurde so protokolliert. Beide Aussagen von Fahrradfahrer und Lkw-Fahrer waren übereinstimmend.

Der Fahrradfahrer stürzte und erlitt mehrere Prellungen und Schürfwunden.

Das Fahrrad wurde erheblich beschädigt.

Das Fahrrad kostete vor drei Jahren neu 2000 €. Innerhalb der letzten drei Jahre wurden immer wieder einzelne Teile ausgetauscht und verbessert, der Wert des Fahrrads stieg somit auf 3000 €. Die Originalrechnung vom Fahrrad sowie alle anderen Rechnungen sind vorhanden. Aufgrund des Unfalls und sicherheitshalber wurde das Fahrrad in einer Fahrradwerkstatt vermessen (Rahmen und Gabel) und ein Kostenvoranschlag geschrieben, der sogar einen höheren Betrag enthält, als die 3000 €. Einzelne Teile wurden zwar neu, aber zu Schnäppchenpreisen damals gekauft und die Fahrradwerktstatt hat jeweils die aktuellen Neupreise genommen.

Jetzt hat sich die Versicherung des Lkw-Fahrers gemeldet und will lediglich 1500 € für das Fahrrad bezahlen. Mit der Begründung "Zeitwert". Auch für die beschädigte Kleidung (Trikot, Hose, Handschuhe, Helm und Schuhe) will die Versicherung lediglich 100 € bezahlen, auch mit der Begründung "Zeitwert". Die Kleidung ist zwar 2 - 3 Jahre alt, aber allesamt topp in Schuss und der Neuwert insgesamt liegt bei ca. 500 € (Originalrechnungen vorhanden!).

Gibt es eine Art Schwacke Liste für Fahrräder und Kleidung?

In welcher Höhe, nach welcher gesetzlichen Grundlage, muss die Versicherung das Fahrrad und die Kleidung bezahlen? I. H. des Originalpreises, i. H. des werterhöhenden Preises aufgrund der neuen Bauteile oder den noch höheren Wert der Fahrradwerkstatt?

Was das Schmerzensgeld betrifft, will die Versicherung auch lediglich 150 € bezahlen. Schürfwunden sind an Beinen und Armen vorhanden, sowie (leider nicht sichtbare) Prellungen an Händen, Handgelenken, Armen und Beinen. Von der Notaufnahme ist ein entsprechender Bericht vorhanden. Dem Fahrradfahrer wurden diese Verletzungen zusätzlich seitens eines Orthopäden attestiert und der Fahrradfahrer war insgesamt vier Tage krankgeschrieben.

Sind 150 € dafür ok? Oder ist das zu hoch oder eher zu niedrig? Gibt es dafür eine Art "Schmerzensgeldtabelle"?

Da die Schuldfrage eindeutig war/ist, die Polizei und Krankenwagen vor Ort waren, um alles aufzunehmen, hat sich der Fahrradfahrer erst einmal keinen Anwalt genommen, da er dachte, dass die gegenerische Versicherung wohl alles so bezahlt, wie es belegt wurde. Auch wollte der Fahrradfahrer dem Lkw-Fahrer keinen zusätzlichen Stess machen, weil dieser nach dem Unfall ein wenig unter Schock stand und sich dieser mehrmals entschuldigt hat. Natürlich kann man nicht wissen, inwieweit das jetzt alles nicht geschauspielert war. Zumindest hat der Lkw-Fahrer seine Schuld gleich eingestanden. Allerdings sind die angebotenen Summen in den Augen des Fahrradfahrers doch eher ein "Friedensangebot" nach dem Motto "Nimm und sei ruhig, weil du danach keine weiteren Ansprüche hast, auch, wenn diese von vornherein höher gewesen sind."

Jetzt überlegt der Fahrradfahrer, ob er nicht nachträglich einen Anwalt mit dieser Sache beauftragt. Wer bezahlt dann diesen Anwalt? Die gegnerische Versicherung oder die Rechtsschutzversicherung vom Fahrradfahrer? Macht es auf jeden Fall Sinn, einen Anwalt zu beauftragen?

Der Fahrradfahrer wurde von der Polizei gefragt, ob er eine Anzeige gegen den Lkw-Fahrer stellen möchte. Eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung. Der Fahrradfahrer verneinte diese Anfrage. Wenn die Polizei und, oder die Staatsanwaltschaft meint, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten, wird sie dies schon von Amts wegen machen, oder!? Der Fahrradfahrer wollte auch da nicht, dem Lkw-Fahrer weiteren Stress machen. Dem Fahrradfahrer ging/geht es "nur" um die Bezahlung der Schäden und um eine angemessene Schmerzensgeldsumme. Und aufgrund der Verletzungen würde ein entsprechendes Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung vielleicht sogar wegen Geringfügigkeit eingestellt, oder!?

Kann man als Unfallgeschädigter jederzeit einen Anwalt mit der Vertretung der eigenen Interessen beauftragen? Wäre es sinnvoll gewesen, gleich nach dem Unfall einen Anwalt zu beauftragen? Der Fahrradfahrer denkt an das gute im Menschen und ein Anwalt hat gleich so etwas Negatives und vielleicht sogar Aggressives in seinen Augen.

Was meint ihr dazu? Zur Schadenshöhe, zum Schmerzensgeld, Anwalt ja oder nein?

Bitte um eure Antworten.

Vielen Dank im Voraus.

Schöne Grüße

DU

Wer den Schaden hat...?

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2 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
lesen-denken-handeln
Status:
Richter
(8512 Beiträge, 4061x hilfreich)

Hallo,

also das mit dem Zeitwert ist schon richtig so. Du sollst ja dem gleichgestellt werden wie es vor dem Unfall war, nicht besser gestellt werden!
Bei demUnfall ist ein gebrauchtes Fahrrad kaputt gegangen, kein Neues unbenutztes Fahrrad.

Zu dem angebotenen Schmerzensgeld, deine Verletzungen sind in der Tat nicht wirklich viel wert, utpische Zahlungen gibts da nur in den USA.

Einen Anwalt kannst du dir jederzeit nehmen...

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""

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16555 Beiträge, 9319x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>In welcher Höhe, nach welcher gesetzlichen Grundlage, muss die Versicherung das Fahrrad und die Kleidung bezahlen? <hr size=1 noshade>

Wenn die Reparaturkosten höher sind als der Neuwert, dann liegt auf jeden Fall ein Totalschaden vor.
Dann erfolgt die Regulierung wie folgt:
Wert, den Fahrrad und Kleidung zum Zeitpunkt des Unfalls hatten, abzüglich Wert des kaputten Rades und der kaputten Kleidung nach dem Unfall.

Wenn das Fahrrad vor 3 Jahren 3000€ wert war, dann sind 2000€ zum Zeitpunkt des Unfalls nicht unrealistisch. Und wenn man dem kaputten Fahrrad noch ein Restwert von 500€ zubilligt (weil man es evtl. ja noch als Ersatzteilspender ausschlachten kann), dann kommen 1500€ Kompensation schon hin.
Im Zweifel müsste das dann ein Gutachter bewerten.

Für die Kleidung gilt das analog. Der Restwert wird sicher 0€ sein. Fraglich ist, was der Zeitwert vor dem Unfall war. Zur Orientierung kann man ja mal bei ebay schauen, was man für 2-3 Jahre alte, gebrauchte Trikot, Hose, Handschuhe, Helm und Schuhe ausgeben muss. Wenn da insgesamt 100€ ausreichen, wir man bei der Versicherung kaum was erreichen können.

quote:<hr size=1 noshade>Sind 150 € dafür ok? Oder ist das zu hoch oder eher zu niedrig? Gibt es dafür eine Art "Schmerzensgeldtabelle"? <hr size=1 noshade>


http://www.schmerzensgeldtabelle24.de/schmerzensgeldtabellen/schmerzensgeldtabelle-alphabetisch-sortiert/index.html

http://app.olg-ce.niedersachsen.de/cms/page/schmerzensgeld.php?sort=h_verletzung

Nennenswerte Beträge gibt es eigentlich erst, wenn es zu Knochenbrüchen oder bleibenden Schäden kommt.
Im internationalen Vergleich sind die Sätze in D eher niedrig.
Dennoch erscheinen 150€ deutlich zu wenig.

quote:<hr size=1 noshade>Der Fahrradfahrer wurde von der Polizei gefragt, ob er eine Anzeige gegen den Lkw-Fahrer stellen möchte. Eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung. Der Fahrradfahrer verneinte diese Anfrage. Wenn die Polizei und, oder die Staatsanwaltschaft meint, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten, wird sie dies schon von Amts wegen machen, oder!? Der Fahrradfahrer wollte auch da nicht, dem Lkw-Fahrer weiteren Stress machen. Dem Fahrradfahrer ging/geht es "nur" um die Bezahlung der Schäden und um eine angemessene Schmerzensgeldsumme. Und aufgrund der Verletzungen würde ein entsprechendes Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung vielleicht sogar wegen Geringfügigkeit eingestellt, oder!? <hr size=1 noshade>

Alles richtig erfasst.

quote:<hr size=1 noshade>Jetzt überlegt der Fahrradfahrer, ob er nicht nachträglich einen Anwalt mit dieser Sache beauftragt. Wer bezahlt dann diesen Anwalt? Die gegnerische Versicherung oder die Rechtsschutzversicherung vom Fahrradfahrer? Macht es auf jeden Fall Sinn, einen Anwalt zu beauftragen? <hr size=1 noshade>


Im Prinzip ja. Aber: Wenn man einen Unfall erst selbst "anreguliert" und dann doch noch einen Anwalt beauftragen möchte, kann es gut sein, dass man keinen Anwalt findet. Denn an "anregulierten" Fällen verdient ein Anwalt weniger (weil ein Teil des Schadens schon geklärt ist) und er hat mehr Arbeit (weil der Anwalt das gerade biegen muss, was der Geschädigte verbockt hat).
Außerdem ist das Risiko auf den Kosten sitzen zu bleiben überproportional hoch, wenn der Anwalt nur noch den Teil erledigen soll, den man selbst nicht geschafft hat.
Wenn man mit dem Gedanken spielt, einen Anwalt zu beauftragen, sollte man es gleich am Anfang tun.

quote:<hr size=1 noshade>Der Fahrradfahrer denkt an das gute im Menschen und ein Anwalt hat gleich so etwas Negatives und vielleicht sogar Aggressives in seinen Augen. <hr size=1 noshade>

Aber der Anwalt setzt sich nicht mit dem "armen kleinen LKW-Fahrer" auseinander, sondern mit den Profis der KfZ-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers.
Und im "Kampf" mit der gegnerischen KfZ-Haftpflichtversicherung sind sowohl Mitgefühl als auch der Glaube an das Gute im Menschen völlig fehl am Platz.

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"
Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB ."

-- Editiert drkabo am 20.04.2014 21:04

2x Hilfreiche Antwort

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