Gebühr und Vertragsstrafe bei Rücklastschrift?
Mehr zum Thema: Experteninterviews, Gebühr, Rücklastschrift, SEPA, Vertragsstrafe, Lastschrift, RücklastschriftgebührWas Verbraucher wissen sollten, wenn mal eine Lastschrift zurückgeholt wird
Zahlungen verschieben sich, Lastschriften stehen an und schon reicht die Deckung auf dem Konto nicht aus. Die Bank holt eine Lastschrift zurück - oder der Verbraucher selbst führt eine Rücklastschrift durch. Solche nicht eingelösten Abbuchungen bezeichnet man als Lastschriftrückgabe. Blöd gelaufen, aber meistens ärgert man sich hinterher noch viel mehr, denn die meisten Unternehmen lassen sich die Lastrückschrift bezahlen. Gebühren von fünf, zehn oder fünfundzwanzig Euro sind da keine Seltenheit, aber sind sie auch berechtigt? Ein Interview mit Rechtsanwalt Stefan Musiol gibt Aufschluss über die Rechtslage.
123recht.de: Herr Musiol, wann ist eine Lastschriftrückgabe möglich?


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Rechtsanwalt Musiol: Das elektronische Lastschriftverfahren wird heute nur noch mit der Zahlung über ein Bankkartensystem wie MAESTRO (früher EC) beim Einkaufen ausgelöst. Wird eine Unterschrift geleistet, weist der Beleg die Einzugsermächtigung aus. Die unmittelbare Kartenzahlung mit Geheimnummer (sog. electronic cash) entspricht einer Überweisung oder direkten Zahlung. Sie ist nicht stornierbar.
Ansonsten kann auch über eine schriftliche Einzugsermächtigung ohne Karte der Empfänger einmalig zum Einzug eines bestimmten Betrags ermächtigt werden. Dies ist nur noch über das europäische SEPA-Verfahren möglich. Bei dieser einfachen Lastschrift sind alle Einzüge unabhängig von der Wirksamkeit der Ermächtigung oder dem Grund ab der Belastung in jedem Fall stornierbar. Denn die Bank prüft die Berechtigung zum Einzug des Empfängers nicht. Bei einer Stornierung über acht Wochen nach der Belastung muss allerdings die fehlende Ermächtigung gerügt werden können.
Anders ist dies nur bei der besonderen SEPA Firmenlastschrift, die nur für Unternehmen zulässig ist und eine besondere Ermächtigung voraussetzt.
Rücklastschriftgebühren entstehen nur bei der Empfängerbank
123recht.de: Was für Gebühren entstehen bei Lastschriftrückgaben und wer muss diese bezahlen?
Rechtsanwalt Musiol: Mit den so genannten Gebühren für Rücklastschriften rechnen Banken den Aufwand ab, der für die Rückbuchung des stornierten Zahlungsbetrags an die Bank des Zahlenden entsteht. Während der normale Zahlungsvorgang, der rein automatisch abläuft, nur geringen Aufwand erzeugt, muss hier von den Banken der Empfängerbank oft manuell bearbeitet werden. Dementsprechend wird eine Rücklastschrift auch wesentlich höher, meist mit mehreren Euro in Rechnung gestellt. Die bekannte Spanne reicht von einem Mindestwert von 3,- € und einen Höchstwert von 8,75 €. Die Gebühren für diesen Aufwand werden, unabhängig vom Grund der Stornierung, immer einheitlich dem Zahlungsempfänger belastet. Grund ist, dass er den Zahlungsvorgang mit seinem Auftrag zum Einzug ausgelöst hat.
Die Bank des Zahlenden berechnet ihrem Kunden keine gesonderten Gebühren für die Durchführung des Stornos, eventuell können aber Kosten für eine Benachrichtigung anfallen. Eine andere Regelung in Bank-AGB wäre nach Gerichtsentscheidungen jedenfalls gegenüber Verbrauchern rechtsverletzend. Gegenüber Unternehmen gilt die AGB-Kontrolle natürlich nur eingeschränkt. Daher können sich bei Geschäftskonten andere Umstände ergeben.
Fühlt sich ein verhinderter Zahlungsempfänger im Recht, wird er oder sie daher die von der eigenen Bank belasteten Gebühren beim Zahlenden zurückfordern.
123recht.de: Sind diese Bankgebühren und insbesondere deren Höhe irgendwo geregelt?
Rechtsanwalt Musiol: Die Gebühren für Rücklastschriften ergeben sich aus dem Auftrag des Empfängers an seine Bank, den Rechnungsbetrag beim Zahlenden bzw. seiner Bank einzuziehen. Grundlage der Bankgebühren ist also sein Girovertrag. In den einbezogenen AGB finden sich die vorgesehenen Gebühren für Rücklastschriften, die von Bank zu Bank sehr unterschiedlich ausfallen können. Dabei gibt es auch Sonderfälle: Ist die Zahler- wie die Empfängerbank identisch, dürfen bei einer Rückbuchung wegen fehlender Kontodeckung logischerweise keine Gebühren berechnet werden. Schließlich war der Bank die fehlende Deckung vor Ausführung schon bekannt. Sie hätte die Belastung schon gar nicht ausführen dürfen.
Nur Bankgebühren stellen bei Rücklastschriften einen finanziellen Schaden dar
123recht.de: Unternehmen wie Penny, Rossmann, IKEA etc. ziehen zusätzlich zu den Bankgebühren noch eigene Bearbeitungsgebühren ein. Zu Recht?
Rechtsanwalt Musiol: Bestand eine wirksame, nicht widerrufene Einzugsermächtigung und war der eingezogene Betrag auch vollständig zur Zahlung fällig, ist dem Empfänger mit der Gebühr bei Stornierung ein zusätzlicher finanzieller Schaden entstanden. Gründe wären eine automatische Rückgabe wegen fehlender Kontodeckung oder eine dann unberechtigte, aktive Stornierung.
Zahlende verletzen in diesen Fällen die geschlossene Vereinbarung mit dem Empfänger. Für den daraus entstandenen Schaden können diese Ersatz verlangen. Er besteht allein in den belasteten Bankgebühren. Der allgemeine Personalaufwand, z.B. für die Buchungserfassung, kann nach Entscheidung der Gerichte genausowenig wie IT-Kosten einberechnet werden. Dass Anbieter hier teilweise massiv überziehen, zeigt sich an Forderungen von teilweise über 20,- €, die offensichtlich nichts mehr mit der Erstattung eines realen Aufwands zu tun haben können. Verbraucherschutzvereine gehen daher gegen solche Klauseln vor. Derartig unangemessene Forderungen können und sollten also immer zurückgewiesen werden.
Vertragsstrafen wegen erfolgter Rücklastschrift sind offensichtlich rechtswidrig
123recht.de: Die Sky Deutschland AG fordert sogar Vertragsstrafen, die in den AGB geregelt sind.
Rechtsanwalt Musiol: AGB-Klauseln, die Vertragsstrafen oder pauschale Bearbeitungsentgelte enthalten, die deutlich über den anfallenden Bankgebühren liegen, hielten Gerichte für unangemessen und daher unwirksam. So entschied das Oberlandesgericht Schleswig mit Urteil vom 26.03.2013, Az. 2 U 7/12, dass die von einem Mobilfunkanbieter erhobenen Gebühren von 10,- € unberechtigt sind, wenn er nicht auf Nachfrage höhere Bankgebühren als den Mittelwert nachweisen kann. Das Gericht errechnete hier 5,87 €.
Auch Klauseln, wie solche der Sky Deutschland AG, die Vertragsstrafen enthalten, wenn man den Vertragspartner nicht über eine etwaige Rücklastschrift informiert und somit schuldhaft einen Mehraufwand beim Vertragspartner verursacht, sind offensichtlich rechtswidrig. Hier wird versucht, die Rechtsprechung zu umgehen, indem dem Kunden „Informationspflichten" über AGB übertragen werden, die bei Nichterfüllung zu der „alten" Vertragsstrafe führen.
Allein die völlig unbestimmte Definition „..oder aus anderen Gründen" ist in AGB natürlich offensichtlich rechtswidrig. Hier will Sky dann wohl auch sämtliche Stornos wegen unberechtigter Einzüge noch mit einbeziehen.
Es ändert sich durch den „Dreh" natürlich nichts. Sky kann wieder nur die echten Kosten in Rechnung stellen, und das sind keine Personalkosten, sondern nur die Bankkosten und ein Brief (s.o. OLG Schleswig), und damit jedenfalls keine Vertragsstrafe in Höhe von 10 €.
Dies müsste sich der Verbraucherschutz also mal vornehmen.
Darüber hinaus kann man natürlich nicht immer mit Sicherheit wissen, ob sich nicht doch eine Gehaltszahlung verzögert o.ä. Es können überraschende Kosten, z.B. aus einem Unfall anfallen. Für Vertragsstrafen ist auch deshalb kein Raum, weil den Zahlenden häufig kein Verschulden trifft.
123recht.de: Sie sprachen einen Brief an. Es gibt also noch andere Kosten oder Schadenspositionen für Unternehmen, die ersatzfähig sind, wie z.B. Portokosten bei Benachrichtigung?
Rechtsanwalt Musiol: Neben dem Aufwand zur Bearbeitung der Rückbuchung kann wegen des eintretenden Zahlungsverzugs ein Mahnvorgang ausgelöst werden, der weiteren Aufwand erfordert. Dieser Verzugsschaden hat eine andere Rechtsgrundlage in §§ 286 und folgende BGB.
Auch hier stellen Händler und Dienstleister regelmäßig Pauschalen über AGB in Rechnung, die der gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Die Einschätzungen, was pauschal gefordert werden kann, sind regional unterschiedlich. Mehr als 10 € pro Mahnung sind aber keinesfalls gerechtfertigt.
Eine bloße Benachrichtigung an den Zahlenden ist meines Erachtens überflüssig. Denn die Rückbuchung sieht der Zahlende ja auf seinem Kontoauszug. Zumeist bekommt er sogar eine Benachrichtigung von seiner Bank. Dafür sollte an sich keine Erstattung verlangt werden können. Dennoch hat das OLG Schleswig eine Erstattung zugesprochen, wenn auch mit 0,40 € einen nicht relevanten Betrag. Höhere Forderungen sollte man jedenfalls zurückweisen.
Erneute Lastschrift eigentlich nur bei erneuter Ermächtigung
123recht.de: Wenn eine Lastschrift zurückgezogen wurde, darf das Unternehmen einfach nochmal einziehen oder muss man eine Lastschrifteinzugsermächtigung erteilen?
Rechtsanwalt Musiol: Das aktive Storno des Zahlenden bringt seine Zahlungsunwilligkeit klar zu Ausdruck. Damit wird auch die Ermächtigung widerrufen. Bei fehlender Deckung müsste der Empfänger vor einem weiteren Versuch zumindest nachgefragt haben, ob die Deckung wieder besteht. Wurde das Konto von der Zahlerbank als aufgelöst gemeldet, wäre ein weiterer Versuch schon ein offensichtliches Organisationsversagen beim Empfänger, für das er ohnehin keine Kostenerstattung verlangen kann.
123recht.de: Gibt es bei der Lastschriftrückgabe Unterschiede, je nach SEPA oder Elektronisches Lastschriftverfahren?
Rechtsanwalt Musiol: Der Unterschied liegt in den Fristen. Eine Belastung über SEPA kann bis zu acht Wochen nach der Buchung vom Zahlenden storniert werden. Kann der Empfänger bei späterem Storno keine wirksame SEPA-Ermächtigung vorlegen, erhöht sich die Frist sogar auf 13 Monate. Die elektronische Lastschrift konnte bei wirksamer Einzugsermächtigung mindestens zu 6 Wochen nach Rechnungsabschluss der Bank storniert werden. Diese Fristenregelung war damit schwer durchschaubar und führte oft zu Streitigkeiten.
Für bestimmte Zahlungswege kann ein Anbieter Zusatzgebühren verlangen
123recht.de: Um Lastschriftrückgaben zu vermeiden möchte ich nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen. Darf mein Vertragspartner mir deswegen Gebühren auferlegen, wenn ich z.B. anstatt Lastschrifteinzugsermächtigung einen Dauerauftrag einrichte?
Rechtsanwalt Musiol: Anders als im Schadensersatzrecht gilt hier in den Grenzen des AGB-Rechts die unternehmerische Freiheit bei der Preiskalkulation. Ein erhöhter Aufwand bei der Erfassung von Überweisungen kann aufgeschlagen werden. Die Aufschläge müssen dabei freilich im Rahmen bleiben. Sonst kann die Formularklausel unverhältnismäßig benachteiligend und damit unwirksam werden. Auch sonst kann ein Anbieter für bestimmte Zahlungswege Zusatzgebühren verlangen, z.B. bei Kreditkartenzahlung.
123rechtnet: Vielen Dank für das Gespräch Herr Musiol!

Wie verhält es sich, wenn der Zahlungsempfänger (Bank B) Kreditkartenanbieter ist und die Kreditkartenabrechnung vom Girokonto (Bank A) des Kunden aufgrund mangelnder Deckung nicht einziehen konnte?
Darf er dem Kunden (Girokonto bei Bank A und Kreditkartenkonto bei Bank B) mit der zurückgegangenen Lastschrift gleichzeitig 3 Euro belasten sowie als zusätzliche Position pauschal 10 Euro Gebühr für die nicht einlösbare Lastschrift (entsprechend AGB/PLV)?
Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe, müsste der Schaden durch die 3 Euro doch bereits abgegolten sein, aber vielleicht übersehe ich auch eine Feinheit in der Konstellation.
Viele Grüße und weiter so
Ralf
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