Ist das Insolvenzverschleppung?

14. Juli 2016 Thema abonnieren
 Von 
acroyear2
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 1x hilfreich)
Ist das Insolvenzverschleppung?

Hallo,

ich habe folgenden Fall:

Ich bin seit gut 8 Jahren selbständig und habe vom 01.09.2015 bis 15.03.2016 für ein Startup gearbeitet.
Rechnungen wurden prinzipiell immer pünktlich bezahlt (2-3 Tage).

Das Verhältnis zum Geschäftsführer kann als nahezu freundschaftlich gewertet werden.
Meine letzte Rechnung stellte ich am 17.03.2016 (8 Tage Zahlungsziel).

Insgesamt wurde ich dann die folgenden Monate mehrmals vertröstet, dass ich mir keine Sorgen machen soll, da die Rechnung bald überwiesen werden würde.

Nachdem die Rechnung am 15.06.2016 immer noch nicht überwiesen war, habe ich ihn per Email gebeten zu zahlen bzw. ein Statement zu der Situation abzugeben.

Ich erhielt dann ca. 3 Wochen keinerlei Antwort von ihm und dann kam eine Email, welche ich leider erst am 03.07.2016 lesen konnte:


------
bitte entschuldige die Verspätung. Wir hatten in letzter Zeit ein paar Turbulenzen.

Die XYZ GmbH wird per 30.06.2016 aufgelöst und befindet sich dann in der Liquidation.

Dies hat auch Auswirkungen auf deine Rechnung. Konkret werde ich nicht den vollen Betrag zahlen können.

Aktuell gehen wir von einer Zuteilungsquote von 50% der Forderungen aus. Diese kann sich jedoch durchaus noch weiter reduzieren im Verlaufe des Liquidationsjahres.

Sprich – ich kann die heute 50% auf deine Forderungen sofort zahlen oder dann erst am Ende des Liquidationsjahres (vor. 01.07.2017) die final bekannte Quote.

Ich brauch bitte bis zum 30.06.2016 deine Entscheidung schriftlich an diese eMail Adresse hier. Wir können gerne auch noch einmal vorab telefonieren.
-------


Die Email habe ich leider erst nach dem 30.06.2016 gelesen und konnte auf sein Angebot garnicht eingehen.

Abgesehen davon komme ich mir ziemlich verarscht vor, da ich seine Taktik als Hinhalten bezeichne.
Ich fragen mich nun, ob man ihn in eine Privathaftung bekommt, da es ja soetwas wie Insolvenzverschleppung gibt.

Für eure Antworten bin ich euch sehr dankbar.


MfG,

Alex

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6997 Beiträge, 3920x hilfreich)

Mal abgesehen davon, dass man anhand Ihrer Schilderung gar nicht bewerten kann, ob Insolvenzverschleppung vorliegt, dürfte es für einzelne Gläubiger mit persönlichen Haftungsansprüchen auch schwer werden.

Es müsste ja ein aufgrund der Insolvenzverschleppung (bzw. nicht rechtzeitiger Antragstellung) kausaler Schaden entstanden sein. Und der wird kaum in voller Höhe der Forderung liegen. Vielmehr könnte man allenfalls einen Quotenschaden geltend machen. Sprich man guckt, was wäre am Ende als Insolvenzquote herausgekommen, wenn rechtzeitig ein Insolvenzantrag gestellt worden wäre, und zieht davon das ab, was man tatsächlich erhalten hat bzw. nach Durchführung des Insolvenzverfahrens tatsächlich bekommen würde. Die Darlegung kann man eigentlich als normaler Gläubiger schon vergessen.

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
acroyear2
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 1x hilfreich)

Hallo und vielen Dank für die prompte Antwort.

Ich tappe derzeit etwas im Dunkeln und habe zuerst versucht über Google, diverse Foren etc. Infos darüber zu bekommen ob sich der Geschäftsführer der GmbH mir gegenüber korrekt verhalten hat. Im Zuge meiner Recherchen bin ich dann über den Begriff der Insolvenzverschleppung gestossen und wollte deshalb einfach mal hier nachfragen, nachdem mein Kumpel (Anwalt) derzeit auf Urlaub ist und ich ihn leider nicht erreiche.

Mittlerweile bin ich von dem Begriff der Insolvenzverschleppung zu dem Begriff des Eingehungsbetrugs gekommen.

Mein Problem ist folgendes. Der Geschäftsführer der GmbH hat mir Mitte Februar mitgeteilt, dass das Startup nicht so rosig ausschaut und er mir nur noch die erste Woche (März) bezahlen wird können für den Betrag X. Die Rechnung wurde diesbezüglich am 17.03.2016 gestellt und wurde mit 31.03.2016 fällig.

Nachdem die Rechnung bis heute nicht bezahlt wurde, habe ich ca. jedes Monat nachgefragt wann er denn selbige überweisen wird. Wie erwähnt hat er eigentlich immer pünktlich gezahlt.

Er hat mich dann immer wieder - mündlich wie auch schriftlich - damit vertröstet, dass er bald überweisen wird.

Dann wie gesagt, bekomme ich oben erwähnte Email von ihm in welcher er mir mit einer Dreitagesfrist das Ultimatum stellt mich zu entscheiden die Hälfte des Betrags als Vergütung zu akzeptieren, da sich die Firma danach im Liquidationsprozess befindet.

Somit hat er mir jegliche Möglichkeit genommen gegen ihn mit Mahnbescheid etc. vorzugehen (Zivilprozessordnung, wenn ich das richtig verstanden habe).

Auch verstehe ich sein Angebot derzeit so, als würde er versuchen sich geschickt der Privathaftung zu entziehen.

Ich komme mir jedenfalls mega getäuscht vor.


Ist sowas rechtens :-) ?


MfG,

Alex

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119398 Beiträge, 39716x hilfreich)

Zitat:
Mittlerweile bin ich von dem Begriff der Insolvenzverschleppung zu dem Begriff des Eingehungsbetrugs gekommen.

Das wurde dann durchaus zur Durchgriffshaftung führen wenn er denn verurteilt würde. Dazu zu müsste man ihm aber erstmal Vorsatz nachweisen.

Das Problem: "Geld war schneller alle als kalkuliert" ist Pech aber kein Betrugstatbestand.


Aber versuchen kann man es, eventuell ergeben die Buchführungsunterlagen ja etwas.



Zitat:
Somit hat er mir jegliche Möglichkeit genommen gegen ihn mit Mahnbescheid etc. vorzugehen

Nicht im geringsten hat er das ...



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6997 Beiträge, 3920x hilfreich)

Von einem klassischen Eingehungsbetrug sind wir hier aber auch ganz weit weg. Der GF hat ja sogar noch auf die schlechte finanzielle Lage hingewiesen.

Ich weiß nicht, wie geschäftlich erfahren Sie sind, aber derlei Hinweise sollten bereits alle Alarmglocken klingen lassen und man sollte dann irgendwas zur Sicherung vereinbaren oder innerlich die Zahlung schonmal abschreiben.

Wie Harry van Sell im Übrigen auch bereits schrieb, für den Eingehungsbetrug braucht man Vorsatz. Und ob man den hier wirklich nachweisen kann, dürfte problematisch werden. Insbesondere, da zwischen Leistungserbringung und Fälligkeit der Rechnung auch noch drei Wochen lagen, kann es auch sehr gut sein, dass irgendwas Unvorhergesehenes dazwischen passiert ist.

Mal abgesehen davon, dass es auch bei einer persönlichen Haftung des GF im Zusammenhang mit Eingehungsbetrug nicht notwendig die Erfüllung des Rechnungsbetrages geben muss. Bei Dienstleistungen dürfte dies vielmehr häufig nicht der Fall sein. Denn zivilrechtliche Grundlage für die Haftung wäre § 823 BGB und da gibt es nunmal nur Schadenersatz. Der Geschädigte muss so gestellt werden, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Da stellen sich dann so interessante Fragen wie:

- War im Februar aufgrund der Hinweise des GF das offenbar bestehende Dauervertragsverhältnis überhaupt kündbar und wenn ja zu wann?
- Hätte man überhaupt so schnell einen anderen Auftrag erlangen könnten? Wie wäre der bezahlt worden?
- Was hatte man an Aufwendungen, die man ohne den durchgeführten Auftrag nicht gehabt hätte?

Das müsste man dann in einem Prozess auch noch im einzelnen darlegen und beweisen. Das ist auch nicht so einfach. Da wird dann auch ganz schnell klar, dass man vermutlich auch nur bei einem Bruchteil der Forderung landen wird.

Ein Abhalten vom Einfordern der Forderung über den Gerichtsweg, vermag ich hier im Übrigen auch nicht zu erkennen. Es hat Sie ja keine gezwungen weiter abzuwarten. Wenn Sie den Gerichtsweg beschritten hätten, hätten Sie im Übrigen vermutlich noch mehr Geld in den Sand gesetzt. Mal abgesehen davon, dass der GF ein gerichtliches Mahnverfahren ganz legal einfach mit einem Widerspruch in die Länge ziehen kann, sodass man jetzt im normalen Zivilprozess wäre und auch noch keinen Titel hätte, bedeutet das Vorliegen eines Vollstreckungsbescheides nicht automatisch, dass man auch das Geld bekommt, Da muss erstmal überhaupt Geld da sein und das scheint ja hier das Problem zu sein.

Führt man sich dann noch vor Augen, dass man eine Mitteilung über die angespannte finanzielle Situation erhalten hat, dann ist evtl. auch ein Insolvenzverfahren nicht weit. Sollte das eröffnet werden, dann klopft bei einer durchgeführten Vollstreckung, wenn man daraus Geld erlangt hat, wohlmöglich auch noch der IV an und holt sich über die Insolvenzanfechtung das erlangte Geld, wozu dann auch die Kosten der Vollstreckung zählen, also alles das was vom Schuldner gezahlt wurde auch wenn das nicht vollständig beim Gläubiger ankam, plus Zinsen seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder zurück.

Alles in allem kann ich gut nachvollziehen, dass Sie sich ärgern. Rein wirtschaftlich betrachtet, könnte es aber noch schlimmer kommen. Es ist durchaus überlegenswert die 50 % zu nehmen.

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
guest-12325.11.2022 10:42:04
Status:
Praktikant
(696 Beiträge, 109x hilfreich)

Irgendwelche Zahlungen, die sie vorab bekommen, werden vom IV im Zweifel sowieso angefochten und zurück gefordert. Insofern war die ihnen zugeschickte Wahl womöglich gar keine.

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