Hallo liebe Mitglieder!
Mir ist im Straßenverkehr ein eigentlich einfaches Missgeschick passiert, welches allerdings hinterher schwerwiegende Folgen nach sich zog und allerlei Fragen aufwirft. Mit kurz fassen, wird's leider nicht so einfach...
Ich habe eine rote Ampel überfahren. Das stimmt! War echt mein Fehler. Im Bußgeldbescheid wird die Sache aber (zu Unrecht!) um einige Punkte erweitert, was die Sache viel teurer und strafbehafteter macht.
Verstoß im Wortlaut:
Sie missachteten das Rotlicht der Lichtzeichenanlage und gefährdeten +) dadurch Andere. Das Rotlicht dauerte bereits länger als 1 Sekunde an.
+) vorfahrtsberechtigter PKW musste Gefahrenbremsung einleiten u. nach links ausweichen.
§ 37 Abs. 2; § 1 Abs. 2; § 49 StVO; § 24; § 25 StVG; 132.3.1 BKat; § 4 Abs. 1 BKatV; § 19 OWiG
Strafe: 348,50€, 2 Punkte, 1 Monat
Situation:
Passiert an einer großen T-Kreuzung. „Groß", denn von „Süd nach Nord" geht die Straße mit 2 Fahrspuren in jede Richtung gerade durch, von „Westen" mündet eine Auffahrt ein. Ich kam von Süd und wollte nach Nord.
Die rote Ampel habe ich zu spät gesehen. Ich habe zwar stark gebremst, habe aber mitbekommen, dass ich vor der Haltelinie knapp nicht mehr zum Stehen komme und bin so mit geringer Geschwindigkeit in den Kreuzungsbereich eingefahren. Von links hatte ein PKW seinerseits grün bekommen und ist dadurch ebenfalls langsam in den Kreuzungsbereich eingefahren.
Ab jetzt ist alles gleichzeitig passiert, was ich schreibe. Da wir beide uns gegenseitig frühzeitig gesehen haben, konnten wir die Situation einschätzen. Er hat erkannt, dass ich die Ampel überfahre und hat sich beim Abbiegen gleich und ohne Unterbrechung auf der linken der beiden Fahrspuren eingeordnet. Ich habe erkannt, dass er mich und die Situation erkannt hat und bin deswegen nicht erst mitten auf der Kreuzung stehen geblieben, sondern mit geringer Geschwindigkeit auf der rechten der beiden Fahrspuren weiter gefahren. Wir waren also zu keinem Zeitpunkt auf ein und der selben Fahrspur! Kurz nach der Kreuzung, als wir beide dann irgendwann mal auf gleicher Höhe mit unseren PKWs nebeneinander fuhren, habe ich mich per Handzeichen hundert mal entschuldigt. Er hat das gesehen und keine weiteren Gesten gemacht und wir sind getrennt voneinander in die gleiche Richtung weiter gefahren.
JETZT wird’s aber erst kompliziert:
Angeblich war hinter dem o.g. Linksabbieger ein Polizist privat (nicht zivil, sondern in seiner Freizeit) mit seinem privaten PKW und hat die ganze Sache gesehen. Eben dieser Polizist hat die Sache nun zu Anzeige gebracht. Anzeigeerstatter ist laut Bußgeldbescheid nämlich der „Herr PHM Mustermann PR Musterstadt" und nicht der Vorfahrtsberechtigte. Als Zeuge ist der „Herr Müller" (Name geändert) angegeben.
Der PHM Mustermann ist aber NICHT die Person, der ich die Vorfahrt genommen habe, sondern einfach nur eine Person, die während der Sache ebenfalls an der Kreuzung anwesend war. Das heißt, der ganze Bußgeldbescheid beruht nur auf einem Augenzeugenbericht. Es gibt keine Messung, kein Video und kein Blitzerfoto. Der ganz oben beschriebene Verstoß im Wortlaut ist quasi einzig und allein die Beobachtung des PHM Mustermann, welchen er in seiner Freizeit beobachtet hat. Als Beweismittel ist einfach nur „Zeugenaussage" aufgeführt.
Nun die Fragen:
A) (Allgemein) Reicht die „nackte" Aussage, dass dieses oder jenes passiert ist, um damit eine Person anzuzeigen ohne „greifbare" Beweise (es existiert kein Bild, kein Video, keine Messung) (anfechtbar?)
B) (im Detail) Abgesehen davon, dass ich das Rotlicht als meinen ehrlichen Fehler sowieso zugebe (wobei selbst das länger als 1 Sekunde vage ist, da der Anzeigende meine Ampel nicht sehen konnte), ist doch die die Behauptung der Gefahrenbremsung ja nichts anderes als eine Behauptung. Diese hat es nicht gegeben und ist tatsächlich frei erfunden!!! Nur aus diesem Grund schreibe ich hier überhaupt, denn dieser Punkt macht es ja erst teuer und ärgerlich. Kann denn diese (subjektive) Aussage der „Gefährdung" und „Gefahrenbremsung" einfach so ohne Beleg angefügt werden?
C) Müsste als Anzeigenerstatter nicht „Herr Mustermann" stehen, statt „Herr PHM Mustermann PR Musterstadt", der er ja privat (in der Freizeit) vor Ort war und nicht im Dienst? (anfechtbar?)
D) Kann denn der Herr PHM Mustermann als dritte unbeteiligte Person überhaupt als Anzeigenerstatter auftreten, wo er doch eigentlich maximal der Zeuge wäre? (anfechtbar?)
E) Der Anzeigenerstatter führt einen Zeugen auf. Laut eigener Aussage des Polizisten (s.u.) saß er allein in seinem privaten Auto. Es könnte der Vorfahrtsberechtigte sein, ja. Dazu müsste der Polizist in privat den Vorfahrberechtigten angehalten haben, der selbst gar keine Anzeige erstellen wollte, und diesen dann zu einer Zeugenaussage überredet haben. Fakt ist nur, dass für mich nicht ersichtlich ist, wo der Zeuge auf einmal her kommt. Nach dem Prinzip könnte ich ja zusammen mit einem Kumpel jemanden x-beliebigen für irgendwas anzeigen und das durch gegenseitige Zeugenaussagen bekräftigen. Funktioniert denn das mit dem Zeugen so?
Zusatz:
Örtlich reden wir vom Grenzgebiet zwischen Thüringen und Sachsen. Passiert ist es in Sachsen. Das Auto ist über eine gewerbliche Flottenversicherung auf meinen Vater zugelassen, wohnhaft in Thüringen. Der sächsische Polizist ist dann im Dienst, also mit Uniform, Kollegen und sächsischem Streifenwagen bei meinen Eltern in Thüringen gewesen und wollte an der Haustür wissen, wer das Fahrzeug zu jenem Zeitpunkt gefahren hat. Daraufhin ging der erste Anhörungsbescheid direkt an meine Adresse, anstatt wie üblich erstmal an den eingetragenen Halter um Daten zu ermitteln.
F) Ist dieses Vorgehen überhaupt zulässig?
Wenn jetzt noch Leute dran geblieben sind würde ich mich freuen, wenn ich zu meinen Fragen was erfahren könnte. Natürlich habe ich mit dem Rotlicht einen Fehler gemacht, den ich auch nicht abstreite. Nur sehe meine Strafe dafür ganz anders aus, als die jetzige, die vollkommen unebgründet ist und auf wirklich wirklich wirklich unwahren Tatsachen beruht. Ich befürchte nur, dass ich vor Gericht keine Chance habe, denn wenn ein PHM sagt, dass es so war...
Mit freundlichen Grüßen
Rotlichtverstoß + Gefährdung - Anzeige durch Dritten
ZitatWir waren also zu keinem Zeitpunkt auf ein und der selben Fahrspur! :
Hat auch niemand behauptet und ist auch dafür gar nicht nötig.
ZitatAngeblich :
Wie könnte man beweisen, das es nicht so war?
ZitatReicht die „nackte" Aussage, dass dieses oder jenes passiert ist, um damit eine Person anzuzeigen ohne „greifbare" Beweise (es existiert kein Bild, kein Video, keine Messung) :
Merkwürdige Frage, hat man laut eigener Schilderung doch auf genau dieser Grundlage eine Anzeige erhalten ...
Zitatist doch die die Behauptung der Gefahrenbremsung ja nichts anderes als eine Behauptung. :
Nein, inzwischen ist es eine (qualifizierte) Zeugenaussage.
ZitatMüsste als Anzeigenerstatter nicht „Herr Mustermann" stehen, statt „Herr PHM Mustermann PR Musterstadt", :
Nein. Hier hat offenbar der Polizist ausgesagt.
ZitatKann denn der Herr PHM Mustermann als dritte unbeteiligte Person überhaupt als Anzeigenerstatter auftreten, wo er doch eigentlich maximal der Zeuge wäre? :
Das er es kann, den Beweis hält man doch in Händen?
ZitatIst dieses Vorgehen überhaupt zulässig? :
Welches konkret?
ZitatDazu müsste der Polizist in privat den Vorfahrberechtigten angehalten haben, :
Nein. Die Polizei hat da viele Möglichkeiten.
Zitatund diesen dann zu einer Zeugenaussage überredet haben. :
Nochmals nein. Zeugen sind durchaus zur Zeugenaussage verpflichtet.
ZitatFakt ist nur, dass für mich nicht ersichtlich ist, wo der Zeuge auf einmal her kommt. :
Das dürfte man erfahren, wenn man Akteneinsicht nimmt. Da steht dann auch konkret drin, was genau von wem ausgesagt wurde.
Sollte man also mal als erstes machen
Ich würde mir angesichts der Umstände ernsthaft überlegen, das Bußgeld zu bezahlen und sich nicht zu wehren. Immerhin geht es hier doch nur um eine Differenz von etwas über 100 Euro aufgrund der angenommenen Gefährdung. Um überhaupt die Chancen einschätzen zu können, müsste man weiteres Geld in die Hand nehmen und einen Anwalt mit Akteneinsicht beauftragen. Gut möglich, dass sowohl der andere Fahrer als auch der Polizist die Lage deutlich anders eingeschätzt haben.
Auf Frag-einen-Anwalt.de antwortet Ihnen ein Rechtsanwalt innerhalb von 2 Stunden. Sie bestimmen den Preis.
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Sie können natürlich einen Anwalt beauftragen, Sie können vor Gericht ziehen ... kostet alles Ihr Geld. Ob sich das rechnet?
Aktuell:
Ampel bei "Rot" überfahren (Rot bereits seit mehr als 1 Sekunde) und andere gefährdet: 320,- Euro + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot (+ Gebühren)
Ohne Gefährdung:
Ampel bei "Rot" überfahren (Rot bereits seit mehr als 1 Sekunde): 200,- Euro + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot (+ Gebühren)
Differenz somit: 120,- Euro
Eine Zeugenaussage ist ein greifbarer Beweis. Erst recht, wenn der Zeuge kein (persönliches) Interesse hat, jemandem eins auszuwischen.Zitateicht die „nackte" Aussage, dass dieses oder jenes passiert ist, um damit eine Person anzuzeigen ohne „greifbare" Beweise :
ist auch nicht nötig. Die Zeit, wie lange sie rot hatten, lässt sich im Nachgang recht eindeutig feststellen (bspw. wenn eine Sekunde vergeht, bis der nächste Grün hat, wenn Zeit vergeht, bis der nächste im Kreuzungsbereich ist, ...)Zitatwobei selbst das länger als 1 Sekunde vage ist, da der Anzeigende meine Ampel nicht sehen konnte :
Zeugenaussage... siehe oben. Aber es steht ihnen freilich zu, gegenteilige Beweise zu liefern.Zitatist doch die die Behauptung der Gefahrenbremsung ja nichts anderes als eine Behauptung. :
Klar. Zumal es keine "einheitliche" Definition dafür gibt. Der Zeuge sieht sie über rot fahren und latscht reflexatig auf die Bremse um einen Unfall zu vermeiden. Zack Bremsung bei Gefahr, also Gefahrenbremsung.ZitatKann denn diese (subjektive) Aussage der „Gefährdung" und „Gefahrenbremsung" einfach so ohne Beleg angefügt werden? :
Vielleicht. Aber was hat man dann davon? Ein PHM ist er ja wohl ohne Zweifel. Es könnte auch Ing. Dr. Peter dort stehen. Macht eben keinen UnterschiedZitatMüsste als Anzeigenerstatter nicht „Herr Mustermann" stehen, statt „Herr PHM Mustermann PR Musterstadt", der er ja privat (in der Freizeit) vor Ort war und nicht im Dienst? :
Ja, grundsätzlich kann jeder als Zeuge eine OWi zur Anzeige bringen, bzw. "melden". Bei Polizisten kommt erschwerend hinzu, dass sie sich jederzeit selbst in Dienst versetzen können. In dem Moment war es also nicht mehr Fritz Müller, sondern PHM Müller.ZitatKann denn der Herr PHM Mustermann als dritte unbeteiligte Person überhaupt als Anzeigenerstatter auftreten, wo er doch eigentlich maximal der Zeuge wäre? :
Oder einfach dessen Kennzeichen notiert haben, oder ihn zufällig gekannt haben, oder ...ZitatDazu müsste der Polizist in privat den Vorfahrberechtigten angehalten haben :
Oder der Zeuge war einfach genau so "angepisst" vom Über-Rot-Fahrer...Zitatund diesen dann zu einer Zeugenaussage überredet haben :
DAs kann man relativ wahrscheinlich mit einer Akteneinsicht herausfinden. Ist am Ende aber egal, denn wenn es einen Zeugen gibt, gibt es ihn (Ich unterstelle mal nicht, es sei ein "gekaufter" Zeuge").ZitatFakt ist nur, dass für mich nicht ersichtlich ist, wo der Zeuge auf einmal her kommt :
Ja, so funktioniert das. Problematisch könnte es dann halt für sie werden, wenn das Gericht ihnen beiden keinen Glauben schenkt, oder Sie sich gar in Widersprüche verwickeln. Dann wechselt man im Gerichtssaal schneller die Seiten, als man schauen kann.ZitatNach dem Prinzip könnte ich ja zusammen mit einem Kumpel jemanden x-beliebigen für irgendwas anzeigen und das durch gegenseitige Zeugenaussagen bekräftigen. Funktioniert denn das mit dem Zeugen so? :
Klar, warum sollte man nochmal den Halter fragen, nachdem man doch bereits die erwünschte Antwort bekommen hat?ZitatDaraufhin ging der erste Anhörungsbescheid direkt an meine Adresse, anstatt wie üblich erstmal an den eingetragenen Halter um Daten zu ermitteln. :
F) Ist dieses Vorgehen überhaupt zulässig?
Hier ist gar nichts kompliziert.ZitatJETZT wird’s aber erst kompliziert: :
Mein Rat an dich: Kommentarlos bezahlen!
Deiner eigenen Schilderung nach HAST du einen anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet.
Ich sehe allerdings eine Strafe die der jetzigen sehr ähnlich wäre. Die jetzige Strafe ist begründet und unwahre Behauptungen kann ich, deiner Schilderung nach, keine erkennen.ZitatNur sehe meine Strafe dafür ganz anders aus, als die jetzige, die vollkommen unebgründet ist und auf wirklich wirklich wirklich unwahren Tatsachen beruht. :
Woher bitteschön möchtest du wissen, ob der Polizist keine Gefahrenbremsung durchgeführt hat um einen Zusammenstoß mit seinem Vordermann zu vermeiden??? Wäre ich an Stelle des Polizisten gewesen hätte ich, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, so stark gebremst, wie es mir möglich gewesen wäre.ZitatDiese hat es nicht gegeben und ist tatsächlich frei erfunden!!! :
ZitatF) Ist dieses Vorgehen überhaupt zulässig? :
Zulässig ja,
da Polizei aber schön, blau und Ländersache ist, hätte man die Herren freundlichst unter Hinweis auf die Nichtzuständigkeit vom Hof bitten können. Gefahr in Verzug, was ein länderüberschreitendes Eingreifen rechtfertigen könnte, ist hier nicht im Ansatz zu erkennen.
Haben Deine Eltern aber nicht. Sie haben Auskunft gegeben, die ist dann wieder verwertbar.
Auch mein Rat wäre bei okonomischer Abwägung: zahlen.
Ein Streit um die 120 € Differenz lohnt sich nicht, weil die Situation eben nicht so klar ist wie Du meinst.
Sowohl der Vorfahrtberechtigte als auch der dahinter fahrende könnten durchaus gebremst haben (ich finde das sogar plausibel, weil man es als Fahrer schon aus Reflex so macht).
Berry
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