Hallo Zusammen,
ich habe eine Frage bei der mir hier sicherlich geholfen werden kann.
ein Bekannter wohnt im Haus seiner Eltern und ist dort neben seiner Ausbildung für den Werterhalt zuständig. Seine Freundin bezieht aus gesundheitlichen Gründen Hartz 4 (will aber in circa 2 bis 3 Monaten nach ihrer Behandlung wieder arbeiten) und möchte nun bei ihm einziehen.
Er wohnt im genannten Haus mietfrei. Ist damit zu rechnen das das Amt seiner Freundin "nur" den Mietanteil ihrer Bezüge streicht oder wird ihr u.U. Mehr gestrichen?
Eigentlich kann es dem Amt ja nur Recht sein wenn keine Miete mehr nötig ist oder?
Herzlichen Dank vorab für eure Antworten, würde mich wirklich freuen wenn ich meinem Bekannten bei der Angelegenheit ein wenig mit euren Antworten helfen kann.
-- Editier von daihiri am 07.02.2016 10:55
Hartz4 mietfrei bei Freund wohnen
@daihiri:
Wenn der Freund seine Freundin mietfrei bei sich wohnen lässt, ist das ein ziemlich starkes Indiz für das Bestehen eines Verantwortungs- und Einstehenswillen. Es ist insofern damit zu rechnen, dass das Jobcenter von Beginn an von einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen wird, mit der Folge, dass das Einkommen des Freundes auf den Leistungsanspruch angerechnet wird. Ob es hier tatsächlich zu einer Anrechnung kommen kann, hängt natürlich von der Höhe des Einkommens des Freundes ab und kann hier zunächst nicht gesagt werden. Der Freund selbst dürfte als Auszubildender vermutlich vom Leistungsbezug ausgeschlossen sein und darf und muss sein Einkommen natürlich zunächst einmal für den eigenen Lebensunterhalt einsetzen, bevor es zu einer Anrechnung auf den Leistungsanspruch der Freundin kommen kann.
Was bei vorstehend beschriebener Vorgehensweise des Jobcenters auf jeden Fall geschehen wird ist, dass sich der Regelsatz der Freundin von 404,- auf 364,- € reduzieren wird.
Ob es gelingt, sich erfolgreich gegen die Wertung als Bedarfsgemeinschaft zur Wehr zu setzen, ist von ganz vielen individuellen Umständen abhängig und kann nicht seriös und zuverlässig prognostiziert werden. Es kann deshalb nur dazu geraten werden, den Zusammenzug zu verschieben, bis das die Freundin einen Job hat und ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten kann.
Sollten die beiden gleichwohl sofort zusammenziehen wollen, gibt es drei Möglichkeiten:
1. Man räumt von Beginn an freiwillig ein, eine Bedarfsgemeinschaft zu sein, mit den oben beschriebenen Folgen.
2. Man stellt sich erstmal dumm, die Freundin meldet dem Jobcenter lediglich die Anschriftenänderung und teilt mit, dass sie nunmehr keine Miete mehr zahlen muss und man hofft, dass das Jobcenter mit den so entstehenden Einsparungen zufrieden ist und keine Bedarfsgemeinschaft annimmt.
3. Man stellt sich darauf ein, dass das Jobcenter von einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen wird und will sich dagegen zur Wehr setzen. Das würde dann bedeuten, dass von Beginn an dargelegt werden muss, dass kein gegenseitiger Verantwortungs- und Einstehenswille besteht. Es sollten dann auch keinerlei Angaben zu Einkommen und Vermögen des Freundes gemacht und erst recht keine Nachweis und Unterlagen vom Freund beim Jobcenter vorgelegt werden. Es ist dann allerdings damit zu rechnen, dass das Jobcenter im ersten Schritt die Antragsbearbeitung lange hinauszögern und im zweiten Schritt die Leistungen einstellen bzw. den Antrag ablehnen wird. Und dann muss man halt den Weg über Widerspruch und ggf. parallel sozialgerichtliches Eilverfahren gehen, sollte sich aber darauf einstellen, dass die Freundin während der Dauer dieses Verfahrens (was durchaus 2 Monate oder mehr sein kann) kein Geld vom Jobcenter erhalten wird. Von daher sollte man auch schon frühzeitig, nämlich schon dann, wenn sich abzeichnet, dass das Jobcenter von einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen will, anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Abschließend noch eine Idee: Der Freund wohnt mietfrei, soweit so gut. Aber wer trägt die laufenden Betriebskosten, Heizkosten, Strom, etc.? Werden diese Kosten vom Freund getragen, könnte man eine Kostenbeteiligungsvereinbarung schließen, mit der die hälftige Kostentragung durch die Freundin verbindlich und schriftlich vereinbart wird. Diese Kosten wären als Unterkunftskosten vom Jobcenter zu tragen und man könnte so ggf. der sofortigen Annahme einer Bedarfsgemeinschaft entgegenwirken. Auch würde eine solche Vereinbarung die Erfolgsaussichten eines eventuellen Rechtsmittelverfahrens deutlich erhöhen.
Gruß,
Axel
Hallo Herr Krueger,
vielen Dank erst einmal für diese sehr ausführliche Antwort. Natürlich werden die Nebenkosten vom Sohn an den Vater entrichtet, ich bin bisher davon ausgegangen das dies nicht als wirkliche Miete gilt. Die Nebenkosten betragen circa 300 euro im Monat. Das Haus hat übrigens eine Wohnfläche von circa 110 m^2.
Zum Einkommen meines Freundes kann ich leider nicht viel sagen, ich schätze das er als Student mit einem 20 Stunden Nebenjob bei knapp unter 1000 Euro landet.
Ich für meinen Teil würde denken das es sinnvoll ist mit offenen Karten zu spielen und dem Amt ehrlich die Situation zu erklären. Der Tipp erst einmal keine Unterlagen einzureichen ist gut und sinnvoll, das habe ich ihm genauso geraten.
Die besagte Freundin ist keinesfalls jemand der nicht arbeiten möchte. Sie befindet sich zur Zeit in ärztlicher Behandlung, hat mehrere OPs hinter sich und trägt die Kosten ausschließlich selber anstatt diese auch noch beim Amt einzureichen.
Hinzu kommt das seine Freundin momentan in einem sehr lauten Gewerbegebiet wohnt. Dort ist es sehr laut was nicht unbedingt zur Besserung ihres gesundheitlichen Zustandes beiträgt.
Mir persönlich tut die ganze Geschichte leid, die beiden wollen doch nur Zusammen wohnen um ein gemeinsames Leben zu testen und für das Jobcenter ist es auch noch günstiger.
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Es gibt doch berühmte "Probejahr" - warum sollte das hier nicht greifen?
@muemmel:
Dieses "Probejahr" bedeutet ja lediglich, dass in diesem ersten Jahr das Jobcenter eine Bedarfsgemeinschaft zu beweisen hat und ab dem zweiten Jahr eine Beweislastumkehr eintritt. Das bedeutet nicht, dass das Jobcenter nicht auch schon im ersten Jahr von einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen kann, wenn es entsprechende Indizien dafür gibt. Darum schrieb ich ja, kostenfreies Wohnen beim Freund dürfte ein starkes Indiz und deshalb für viele Jobcenter ausreichend sein, um einfach mal von einer BG auszugehen. Das zeigt mir halt einfach die diesbezügliche Erfahrung.
@daihiri:
Zitat:Die Nebenkosten betragen circa 300 euro im Monat.
Dann sollte auf jeden Fall eine entsprechende Kostenbeteiligungsvereinbarung gemacht werden.
Zitat:Die besagte Freundin ist keinesfalls jemand der nicht arbeiten möchte.
Das habe ich auch nicht angenommen.
Zitat:und trägt die Kosten ausschließlich selber anstatt diese auch noch beim Amt einzureichen.
Von was für Kosten sprichst Du da, die sie selbst trägt? Behandlungskosten werden üblicherweise von der Krankenkasse getragen.
Gruß,
Axel
Hallo Axel,
ja die Behandlung zahlt die KK, allerdings nur zu 80% soweit ich von den beiden erfahren habe. Weitere Kosten wie die Anfahrt mit der Bahn alle vier Wochen für circa 20 Euro, Medikamentenkosten, Mehrkosten bezüglich der Ernährungg aufgrund von Lactoseintoleranz und Glutenunverträglichkeit bestreitet Sie von dem was Sie bekommt. Ich weiss allerdings auch nicht ob Sie das überhaupt geltend machen könnte. Damit will ich lediglich sagen das Sie es nicht einfach hat und schon so gut es geht selbst für die anfallenden Kosten aufkommt ohne noch mehr vom Jobcenter "abzugreifen" (ich sags jetzt einfach mal so krass).
Das mit der Kostenteilung klingt logisch das werde ich so weitergeben.
Nützt es denn etwas bei einem Termin im Jobcenter zu verdeutlichen das man in spätestens 3 bis 4 Monaten mit der Behandlung fertig und wieder arbeitsfähig ist oder ist das eher kontraproduktiv?
@daihiri:
Zitat:Weitere Kosten wie die Anfahrt mit der Bahn alle vier Wochen für circa 20 Euro, Medikamentenkosten, Mehrkosten bezüglich der Ernährungg aufgrund von Lactoseintoleranz und Glutenunverträglichkeit bestreitet Sie von dem was Sie bekommt.
Fahrtkosten zu den Behandlungen sind letztendlich tatsächlich ihr eigenes Problem. Wieso ihr Medikamentenkosten entstehen (mal von den normalen Zuzahlungen abgesehen, die jeder zu tragen hat bis zu einem bestimmten Betrag) ist zunächst mal nicht nachvollziehbar. Medikamente werden - eben mit Ausnahme der Zuzahlungen - von der Krankenkasse gezahlt. Und wenn der Arzt Medikamente auf Privatrezept verordnet, dann müsste man mit dem über verschreibungsfähige Alternativen sprechen. Gibt es die nicht, und sind die Medikamente nach Ansicht des behandelnden Arztes medizinisch erforderlich, können die auch auf Kassenrezept verordnet werden, was viele Ärzte allerdings auch nicht wissen, oder nicht wissen wollen.
Lactoseintoleranz alleine rechtfertigt nach der wohl überwiegenden sozialgerichtlichen Rechtsprechung keinen Mehrbedarf. Glutenunverträglichkeit allerdings sehr wohl und beides in Kombination erst recht. Das heisst, sie kann und sollte einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung beantragen. Das dürfte immerhin 10 bis 20% der Regelleistung, also 40 bis 80,- € im Monat ausmachen und sie hat einen Anspruch drauf.
Zitat:Nützt es denn etwas bei einem Termin im Jobcenter zu verdeutlichen das man in spätestens 3 bis 4 Monaten mit der Behandlung fertig und wieder arbeitsfähig ist oder ist das eher kontraproduktiv?
Allein das sie dann voraussichtlich wieder arbeitsfähig ist, bedeutet ja noch lange nicht, dass sie dann auch direkt nen Job hat. Von daher würde ich im Augenblick noch nichts davon sagen.
Gruß,
Axel
Mal eine ganz dumme Frage: Warum will sie keine Miete zahlen?
Dass der eine mietfrei wohnt, heißt noch lange nicht, dass er von dem anderren keine Miete verlangen kann. Es dürfte dann natürlich kein Fakevertrag sein und das Geld müsste wirklich fließen - am besten von Konto zu Konto, damit es auch einfach nachweisbar ist.
Gruß
Shihaya
@Shihaya;
Im Prinzip hast Du Recht. Im Umgang mit dem Jobcenter würde das aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu noch mehr Problemen führen. Da dürfte die Teilung der tatsächlich anfallenden Kosten der deutlich einfachere Weg sein.
Abgesehen davon, dass es - wenn auch rechtlich nicht zu beanstanden - aus meiner Sicht zumindest moralisch bedenklich wäre, wenn der Freund der Leistungsempfängerin (der ja nicht im eigenen, sondern mietfrei im Haus der Eltern wohnt) sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern würde.
Gruß,
Axel
Ich gehe jetzt einfach einmal davon aus, dass die beiden nicht füreinander einstehen wollen - es also keine Bedarfsgemeinschaft ist.
In diesem Fall würde ein Mietvertrag die Sache doch eher vereinfachen, da ein Indiz für eine Bedarfsgemeinschaft wegfällt.
Gruß
Shihaya
@Shihaya:
Nein, nein, und nochmals nein. Der Freund ist nicht Eigentümer des Hauses und insoweit gar nicht zur Vermietung berechtigt. Auch eine Untervermietung kommt nicht ernsthaft in Betracht, weil der Freund selbst keine Miete zahlt. Darauf, dass fast alle Jobcenter - wenn auch klar rechtswiedrig - bei Untervermietung nahezu immer den Hauptmietvertrag und eine Untervermieterlaubnis verlangen, will ich mal gar nicht weiter eingehen. Unabhängig davon wären Mieteinnahmen für den Freund auch steuerpflichtig.
Eine Kostenbeteiligungsvereinbarung hinsichtlich der tatsächlich vom Freund zu zahlenden Betriebskosten ist hier aus meiner Sicht ganz ohne Zweifel die einzig sinvolle Art der Vertragsgestaltung und wiederlegt die bei einem kostenfreien Wohnen gegebene Indizwirkung in Richtung Bedarfsgemeinschaft ebenso, wie ein (Unter-)Mietvertrag.
Gruß,
Axel
Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Für eine Untervermietung ist es völlig unerheblich, wie hoch die Miete ist, die der Hauptmieter zahlt.Zitat:Auch eine Untervermietung kommt nicht ernsthaft in Betracht, weil der Freund selbst keine Miete zahlt.
Da - wie du selber sagst - in vielen Fällen Jobcenter klar rechtswidrig Unterlagen von dem Hauptmietern verlangen, ist es meiner Meinung nach einfacher dagegen anzugehen, wie gegen Indizien zugunsten einer Bedarfsgemeinschaft. Diese sind so diffus und schammig gehalten, dass ich dort mehr Schwierigkeiten sehe.
Das der Freund seine Mieteinnahmen dann versteuern muss, ist klar.
Ich bin mir aber nicht sicher, dass hier in diesem Fall wirklich der Wille zum gegenseitigen Einstehen nicht gegeben ist und ich denke, daraus resultieren auch deine Probleme. Dann wäre es nämlich Betrug.
Gruß
Shihaya
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