Anzeigepflicht des Arbeitnehmers bei Erkrankung

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Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Anzeigepflicht nach § 5 EFZG

Welcher Arbeitnehmer hat es noch nicht erlebt: Man steht morgens auf, ist krank und fühlt sich absolut nicht in der Lage zur Arbeit zu gehen!?

Welche Rechte und Pflichten hat man als Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang?

1. Wann muss die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer erfolgen?

Zunächst gilt gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), dass man als Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber unverzüglich über seine Arbeitsunfähigkeit in Kenntnis setzen muss.

Der Gesetzgeber definiert „unverzüglich“ gemäß § 121 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Umschreibung „ohne schuldhaftes Zögern“. Wichtig ist dabei anzumerken, dass die unverzügliche Anzeige nicht zwangsläufig die sofortige Anzeige der Arbeitsunfähigkeit meint (ErfK-Dörner, § 5 EFZG Rn. 6).

Vielmehr wird in der Rechtsprechung grundsätzlich davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber so schnell wie möglich über die Arbeitsunfähigkeit unterrichten muss, so dass dieser Zeitpunkt durchaus vom jeweiligen Einzelfall abhängen kann. Grundsätzlich wird man davon ausgehen müssen, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber vor oder zu Beginn der eigentlichen Arbeitszeit zu informieren hat.

Sinn und Zweck der Anzeigepflicht des § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG ist, dass der Arbeitgeber aufgrund der zeitnahen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden soll, noch rechtzeitig personelle Dispositionen vorzunehmen, um den krankheitsbedingten Ausfall des Arbeitnehmers entsprechend abzufedern (HK-ArbR/Gieseler, § 5 EFZG Rn. 2).

2. Wie hat nun der Inhalt dieser Mitteilung nach § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG auszusehen?

Grundsätzlich enthält das Gesetz keine Regelung, die den Inhalt der Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit konkretisiert. Dennoch haben sich in der Vergangenheit insoweit gewisse Spielregeln entwickelt.

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber grundsätzlich vor einem etwaigen Arztbesuch die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen. Dabei ist es nach allgemeiner Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur so, dass der Arbeitnehmer mit der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG nicht den Arztbesuch abwarten kann, wenn schon vorher klar ist, dass der Arbeitnehmer nicht bei der Arbeit erscheinen wird (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 98 Rn. 115).

Vor dem Arztbesuch ist es regelmäßig ausreichend, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer „Selbstdiagnose“ dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und gegebenenfalls die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit mitteilt.

Nach dem Arztbesuch muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit dergestalt konkreter darlegen, wie sie vom Arzt bei dem Arztbesuch konkretisiert worden ist.

Wichtig:

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht über die Art der Erkrankung und deren Ursache in Kenntnis zu setzen (ArbG Mannheim, Urteil vom 12.01.2000 – Az. : 11 Ca 310/99). Ausnahmen hiervon sind dann gegeben, wenn die Art der Erkrankung dazu führt, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf seine übrigen Arbeitnehmer Schutzmaßnahmen treffen muss oder aber die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auf einer Schädigung eines Dritten beruht, beispielsweise bei einem Verkehrsunfall.

3. In welcher Form muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit unterrichten?

Festzuhalten gilt, dass eine Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit mittels eines Briefs in der heutigen Zeit nicht mehr den Anforderungen der unverzüglichen Anzeige der Arbeitsunfähigkeit genügt (ErfK-Dörner, § 5 EFZG Rn. 7).

Der Arbeitnehmer hat sich moderner Kommunikationsmittel zu bedienen, um dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen. So wird ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber regelmäßig telefonisch über die vorliegende Arbeitsunfähigkeit in Kenntnis setzen.

Weiterhin ist im Zeitalter der modernen Kommunikationsmittel davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auch via Fax, E-Mail oder gar via SMS über seine Arbeitsunfähigkeit mitteilen kann, da durch diese Kommunikationsmittel regelmäßig sichergestellt ist, dass dem Arbeitgeber die Anzeige der Arbeitsfähigkeit schnell und zeitnah zugeht (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 98 Rn. 115, 116). Für die unverzügliche Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit kommt es nach ganz allgemeiner Ansicht nicht auf das Absenden der Mitteilung, sondern auf den Zugang der Mitteilung beim Arbeitgeber an (HK-ArbR/Gieseler, § 5 EFZG Rn. 6).

Eine Verletzung der Anzeigepflicht durch den Arbeitnehmer kann zur Abmahnung und im Wiederholungsfall zur Kündigung des entsprechenden Arbeitnehmers führen. Weiterhin kann der Arbeitnehmer sich Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers  für Schäden ausgesetzt sehen, die durch die Verletzung der Anzeigepflicht beim Arbeitgeber entstanden sind (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 98 Rn. 118).

Leserkommentare
von Mugge am 14.06.2012 21:07:20# 1
''Das klingt ja alles recht plausibel. Allerdings wie kann der Arebitnehmer nach weisen, das der Arbeitgber eine SMS oder eine E-Mail erhalten hat, wenn dieser das genau abstreitet. Nehmen wir mal den Fall an der AG ist nicht telefonisch zu erreichen (keine Seltenheit) dann schickt mal eine e-Mail oder SMS. gut das die angekommen ist kann man annehmen. Aber wie kann der Ag dann beweisen, das die Mail gelesen wurde oder die SMS. Bei der Mail gibt es ja eine Lesebestätigung, allerdings nicht bei allen Anbietern, bzw nur wenn man ein Programm wie Outlock benutzt. Das werden viele Arbeitnehmer sich wohl kaum leisten. Bei der SMS sehe ich die größten Problem des Nachweises.
    
von trollobaer am 16.08.2012 18:03:33# 2
Genau dieses Problem hatten wir vor einigen Monaten, und das klassische Fax hatte sich am besten bewährt, da der Sendebericht ein guter Nachweis ist.
    
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