Der Vollstreckungsbescheid
Mehr zum Thema: Experteninterviews, Vollstreckungsbescheid, Forderung, Schuldner, Gläubiger, MahnverfahrenWie kommen Gläubiger nach erfolgloser Mahnung zu ihrem Geld?
Zahlungsunfähige oder unwillige Kunden sind für jedes Unternehmen ein Problem. Doch wie geht es weiter, wenn der Nutzer trotz Mahnungen einfach nicht zahlt? Dann hilft das gerichtliche Mahnverfahren an deren Ende dann der Vollstreckungsbescheid steht. Wie bekommt man diesen genau und was müssen Gläubiger dabei so alles beachten? Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff erläutert im Interview mit 123recht.de die einzelnen Schritte.
123recht.de: Herr Dr. Dinkhoff, was ist ein Vollstreckungsbescheid und welche Aufgabe hat er?
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Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Ein Vollstreckungsbescheid ist ein vollstreckbarer Titel über eine Geldforderung. Der Vollstreckungsbescheid ist Teil des gerichtlichen Mahnverfahrens, das in §§ 688 ff. ZPO geregelt ist. Es ist ein vereinfachtes uns sehr schnelles Verfahren, bei dem das sog. Mahngericht - so wird das örtlich und für Mahnverfahren zuständige Amtsgericht bezeichnet - das Bestehen einen behaupteten Forderung nicht prüft. Vielmehr behauptet der Gläubiger nur (Antragsteller im Mahnverfahren), dass ihm eine Geldforderung gegen den Schuldner (Antragsgegner im Verfahren) zustehen würde. Wenn das Mahnverfahren mangels Widerspruchs oder Einspruchs in einem Vollstreckungsbescheid als Vollstreckungstitel mündet, hat das Gericht nicht ein einziges Mal geprüft, ob die Forderung tatsächlich besteht oder nicht. Der Schuldner hatte aber mehrfach die Gelegenheit, sich gegen diese Behauptung zur Wehr zu setzen. Der Gläubiger hat möglicherweise sehr schnell einen vollstreckbaren Titel in der Hand.
Vollstreckungsbescheid bekommen Gläubiger beim Mahngericht
123recht.de: Wie bekommt man als Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Ein Vollstreckungsbescheid setzt zunächst einen Mahnbescheid voraus, der wiederum auf Antrag des Gläubigers erlassen wird. Wenn der Schuldner gegen den Mahnbescheid binnen einer Frist von zwei Wochen keinen Widerspruch einlegt, kann der Gläubiger nach Zustellung des Mahnbescheides, worüber er durch das Gericht informiert wird, einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides stellen. Sodann wird dem Schuldner der Vollstreckungsbescheid zugestellt. Der Gläubiger erhält nach dessen Zustellung eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und kann damit Vollstreckungsmaßnahmen einleiten.
Ein Vollstreckungsbescheid kostet mindestens 36 Euro
123recht.de: Welche Kosten entstehen für einen Vollstreckungsbescheid?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Ein Vollstreckungsbescheid ist vergleichsweise sehr günstig. Er kostet nur eine halbe Gerichtsgebühr nach dem Gerichtskostengesetz, mindestens aber 36,00 €. Bei einem Betrag von 2.000,00 € betragen die Gerichtskosten beispielsweise 49,00 €, bei 10.000,00 € belaufen sich die Gerichtskosten auf 133,00 €. Gerichtskostenrechner finden sich problemlos im Internet.
Anwaltszwang besteht nicht
123recht.de: Braucht man im gerichtlichen Mahnverfahren einen Anwalt / eine Anwältin?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Nein. Auch wenn es sich bei der Forderung um einen Betrag über 5.000,00 € handelt, also eigentlich das Landgericht zuständig wäre, besteht im gerichtlichen Mahnverfahren kein Anwaltszwang. Wenn Sie dennoch anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen wollen, kommen Anwaltsgebühren hinzu in Höhe einer einfachen Gebühr nach der Rechtsanwaltsgebührenverordnung für den Mahnbescheidsantrag und einer weiteren halben Gebühr für den Vollstreckungsbescheidsantrag. Die Gebühren belaufen sich konkret bei einer Forderung von 500,00 € / 2.000,00 € / 10.000,00 € auf 104,96 € / 320,11 € / 1.119,79 €. Die anfallenden Gebühren können im Vollstreckungsbescheid mit aufgenommen werden und sind dann auch vom Schuldner zu tragen, vorausgesetzt, der Schuldner wehrt sich nicht gegen die Forderung.
123recht.de: Was passiert nach einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Erhebt der Schuldner rechtzeitig Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhält der Gläubiger darüber Nachricht und muss dann zur Fortsetzung des Verfahrens zweieinhalb weitere Gerichtsgebühren einzahlen, damit das Mahnverfahren als normales streitiges Verfahren an das zuständige Amts- oder Landgericht abgegeben werden kann. Dieses Streitgericht fordert dann den Gläubiger dazu auf, seine Klage zu begründen.
Ohne Mahnbescheid kein Vollstreckungsbescheid
123recht.de: Auf welchem Weg bekommt man den Vollstreckungsbescheid?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Ein Vollstreckungsbescheid setzt zunächst einen Mahnbescheid voraus. Einen Mahnbescheid kann jeder recht einfach im internet auf der Seite https://www.online-mahnantrag.de beantragen. Sie müssen den fertig erstellten Antrag dann entweder ausdrucken, unterschreiben und an das Mahngericht versenden oder aber eine elektronische Form mit Signaturkarte wählen. Das einfach Ausfüllen im Internet reicht ebensowenig wie das Versenden per E-Mail. Die Versandmöglichkeiten werden im Einzelnen auf der genannten Homepage erläutert. Wenn der Mahnbescheid zugestellt wurde, erhält der Gläubiger darüber Nachricht und zugleich darüber, dass er mit Ablauf einer 14 tägigen, binnen derer der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid erheben kann, einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides stellen kann. Bleibt es dabei, dass der Schuldner keinen Widerspruch einlegt, wird der Vollstreckungsbescheid erlassen. Nach der Zustellung des Vollstreckungsbescheides an den Schuldner erhält der Gläubiger eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides, mit dem dann Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden können.
Auch nach Einspruch ist Zwangsvollstreckung möglich
123recht.de: Was kann der Schuldner gegen einen Vollstreckungsbescheid unternehmen?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Wenn man es versäumt hat, direkt gegen den Mahnbescheid binnen einer Frist von zwei Wochen Widerspruch einzulegen, können Sie gegen den Vollstreckungsbescheid, ebenfalls binnen einer Frist von zwei Wochen Einspruch einlegen. Das Mahnverfahren geht dann automatisch in das sogenannte streitige Verfahren / das normale Zivilprozessverfahren über. Zu beachten ist, dass ein Vollstreckungsbescheid, auch wenn gegen ihn Einspruch eingelegt wird, ein sofort vollstreckbarer Titel ist und bleibt! Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid hindert die Einleitung der Zwangsvollstreckung nicht!
123recht.de: Wie wird der Vollstreckungsbescheid durchgesetzt?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Hat man den Vollstreckungsbescheid in den Händen, muss man, genauso wie bei einem Urteil oder anderen vollstreckbaren Titeln, weiter selbst aktiv werden, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Dies können sein, ein Gerichtsvollzieherauftrag, der beim Schuldner nach Pfändbarem Ausschau halten soll, Kontopfändungen, Lohnpfändungen, Forderungspfändungen etc..
123recht.de: Droht dem Schuldner ein Eintrag z.B. in der Schufa?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Ja, jedes Mitgliedsunternehmen der Schufa kann das gerichtliche Mahnverfahren gegen einen Schuldner an die Schufa melden. Ein Eintrag in das Schuldnerverzeichnis der Amtsgerichte erfolgt jedoch nicht. Das heißt, wenn der Gläubiger kein Mitglied der Schufa ist, wird die Schufa nichts von einem Vollstreckungsverfahren erfahren, ein Eintrag unterbleibt. Ist der Gläubiger ein kleineres Unternehmen oder eine Privatperson wird es daher oftmals zu keinem Eintrag kommen.
123recht.de: Verjährt ein Vollstreckungsbescheid?
Rechtsanwalt Dr. Dinkhoff: Ja, allerdings erst nach 30 Jahren.
123recht.de: Vielen Dank für das informative Gespräch.
Ich habe nun aber das Problem, dass mein Schuldner die Hauptforderung bezahlt hat, jedoch nicht die Gerichtskosten des Mahnbescheids und sonstigen Nebenkosten. Er hat auch schriftlich über seinen Rechtsanwalt mitteilen lassen, dass er sich weigert, die zu bezahlen.
Was ist denn dann zu machen. Streitiges Verfahren vor dem zuständigen Amtsgericht oder was ist sonst zu veranlassen!