Notwehr und Erforderlichkeit

Mehr zum Thema: Strafrecht, Notwehr, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Flucht, Opfer
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Was darf ich eigentlich im Rahmen der Notwehr?

Oft hört man bei Gericht, und das nicht nur von unerfahrenen Staatsanwälten und Strafrichtern, dass man angeblich im Rahmen der Notwehr kein gefährlicheres Mittel anwenden dürfe als das, das der Angreifer genutzt hat. Anderenfalls fehle es an der Erforderlichkeit oder der Verhältnismäßigkeit. Also Ohrfeige gegen Ohrfeige, Faustschlag gegen Faustschlag, Messer gegen Messer usw., mehr sei nicht erlaubt.

Das ist aber so nicht richtig.

Das hat der Bundesgerichtshof in einer neueren Entscheidung (Beschluss vom 12.04.2016 - 2 StR 523/15) wieder einmal sehr deutlich gemacht.

"Wer angegriffen wird, muss nicht weglaufen, er darf sich wehren."

Zu den schon lange geltenden Grundsätzen:

1. Das Notwehrrecht entfällt nicht wegen der Möglichkeit der Flucht vor dem Angreifer. Also: Wer angegriffen wird, muss nicht weglaufen, er darf sich wehren.

2. Wer angegriffen wird, ist berechtigt, das Abwehrmittel zu wählen, das die endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistet, der Angegriffene muss sich nicht mit einem Verteidigungsmittel begnügen, dessen Abwehrwirkung zweifelhaft ist.

3. Unter mehreren Abwehrmitteln muss zwar das mildeste gewählt werden, das die endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistet, darauf kann der Angegriffene aber nur verwiesen werden, wenn ihm genügend Zeit zur Wahl des Mittels sowie zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht.

Mithin: Es sind durchaus Situationen denkbar, in denen man sich gegen einen Angriff, der z.B. "nur" durch Faustschläge geführt wird, auch mit einem Messer wehren darf. Weglaufen muss man bei einem Angriff nie.

Das sind Grundsätze, die sich mancher Staatsanwalt und Strafrichter immer mal wieder vor Augen führen sollte, vielleicht hilft manchmal auch Fortbildung, wie sie z.B. für Jeden Fachanwalt für Strafrecht ausdrücklich vorgeschrieben ist.

Leserkommentare
von klaus123mitglied am 24.12.2017 12:42:14# 1
"Das sind Grundsätze, die sich mancher Staatsanwalt und Strafrichter immer mal wieder vor Augen führen sollte, vielleicht hilft manchmal auch Fortbildung, wie sie z.B. für Jeden Fachanwalt für Strafrecht ausdrücklich vorgeschrieben ist"
so sehe ich das auch,aber viele richter und staatsanwälte kennen die höchstgerichterlichen entscheidungen nicht oder ignorieren sie einfach.
selbst verfassungsrichter meinen sie dürfen einfach gesetze so auslegen oder verändern wie sie wollen.
z.b."ja, das verstößt zwar gegen den gleichheitsgrundsatz,
aber so weit darf der staat von der gleichheit abweichen"
solche richter gehören wegen rechtsbeugung selbst vor gericht gestellt!
und so lange dies in der kriminellen vereinigung BRD nicht der fall ist,nehme ich mir das recht "soweit darf ich von gesetzen abweichen"