Hallo. Ich hab da mal eine Frage zu einem Erlebnis, dass mir aber nicht widerfahren ist, sondern einem Bekannten.
Vor dem Eingang eines Supermarktes hatte eine junge Mutter ihr Fahrrad in einen Fahrradständer gestellt. Hinten auf dem Fahrrad war ein Kindersitz inkl. dazu passendem Nachwuchs montiert. Die junge Mutter geht in den Supermarkt hinein und lässt das Kind auf dem Sitz zurück.
Mein Bekannter ist gerade auch auf dem Weg in Richtung Eingang und plötzlich fällt das Fahrrad um. Er rennt zu dem Kind, welches gesichtsverzerrt keinen Laut von sich gibts. Weitere Passanten, welche die Szene beobachtet haben, kommen hinzu.
Dann fängt das Kind (endlich) lauthals an zu schreien und die Mutter kommt aus dem Markt geschossen und fängt an, auf meinen Bekannten einzuschlagen. Sie scheint zu diesem Zeitpunkt überhaupt keinen Überblick über die Situation gehabt zu haben.
Mein Bekannter - wegen dem schreienden Kind auf dem Arm in der Wahl seiner Verteidigungsmöglichkeiten stark eingeschränkt - tritt die Mutter zurück, nimmt etwas Anlauf und schmeißt sich seiner Schulter und der Mutter voran mit voller Wucht gegen die Scheibe der Eingangstür. Die Mutter geht mit blutenden Wunden (Nase und Mund) zu Boden.
Erst jetzt kann mein Bekannter das Kind in die Hände eines der umstehenden Passanten geben. Das Kind hatte nichts abbekommen, obwohl die Chance nicht gering war, dass das hysterische Muttertier auch seinen eigenen Nachwuchs trifft.
Jetzt kamen auch die umstehenden Personen zu Wort und erklärten der Mutter, dass der Bekannte nur das Kind aufgehoben hätte. Aber die Frau wirkte insgesamt sehr "paralysiert".
Sie hörte überhaupt nicht zu und spuckte nach ihm und ihr blutiger Speichel (der "Scheibenklatscher" kostete sie ihre Schneidezähne) traff sein weißes Hemd. Darauf schlug er ihr mit dem Handballen kräftig auf die Nase.
Passanten trennten jetzt beide "Streithähne" von einander. Mein Bekannter fragte sie dann - als sich langsam alles beruhigte -, ob die Frau die Polizei rufen wolle und sie verneinte. Auch er verzichtete.
Was ich mich allerdings Frage: Was das Verhalten meines Bekannten Notwehr? Das hysterische Muttertier hat durch ihr Verhalten diese Situation - aus meiner Sicht - provoziert.
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-- Editiert am 30.04.2011 14:01
Notwehr...?
Notfall oder generelle Fragen?
Notfall oder generelle Fragen?



Grundsätzlich gilt: Notwehr ist gegen rechtswidrige Angriffe zulässig. Regelmäßig muss derjenige, der Notwehr ausübt, auch unter mehreren zur Auswahl stehenden Verteidigungsmitteln auch nicht das mildeste wählen, sondern kann dasjenige nutzen, welches den angriff sicher beendet.
Da hier ein rechtswidriger Angriff der Mutter vorlag – auch wenn die Mutter möglicherweise ihrerseits an eine Notwehrsituation (Kindesentführung etc.) glaubte – durfte der Bekannte Notwehr üben; im Grundsatz auch in der hier beschriebenen Form.
Allerdings scheint der Vorfall hier doch erheblich aus dem Ruder gelaufen zu sein, wobei die ausgeschlagenen Zähne der Mutter natürlich auch auf eine Verkettung unglücklicher Umstände beruhen können. An Spekulationen, wie eine eigentlich harmlose Situation derart aus dem Ruder laufen kann, und ob dies wirklich nur an der Mutter gelegen hat, möchte ich mich nicht beteiligen. Ich möchte mich daher auf die o.a. grundsätzlichen Ausführungen beschränken und zusätzlich anmerken, dass sich nur derjenige auf Notwehr berufen kann, der auch einen entsprechenden Abwehrwillen hat (und nicht etwa den Willen, der Mutter für das Alleinelassen des Kindes eine Lektion zu erteilen).
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So wie das hier geschildert wurde, sind der "Bodycheck" und der Schlag gegen die Nase [kein gegenwärtiger Angriff] eher nicht mehr durch Notwehr gerechtfertigt.
Und zu dem hier :
quote:
dass sich nur derjenige auf Notwehr berufen kann, der auch einen entsprechenden Abwehrwillen hat
Zum einen wäre ihm das (sofern er nicht unheimlich dämlich ist und es zugibt] nicht nachzuweisen.
Zum anderen ist ein Abwehrvorsatz eigentlich ausreichend.
Die Abwehr muss dabei nicht das bewusstseinsdominante Motiv sein. Kenntnis der Situation sollte reichen.
Wir wollen ja hier kein Gesinnungsstrafrecht :>
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quote:
So wie das hier geschildert wurde, sind der "Bodycheck" und der Schlag gegen die Nase [kein gegenwärtiger Angriff] eher nicht mehr durch Notwehr gerechtfertigt.
Ich find die Reaktion ja auch übertrieben, aber warum sollte hier nicht mehr zulässig sein, schließlich hat die Mutter auf den Bekannten doch wie von Sinnen eingeschlagen. Aus der Schilderung kann ich keinen Ansatzpunkt entnehmen, weswegen eine Notwehr nicht zulässig gewesen sein sollte.
Unabhängig davon sollte man bei laienhafter Schilderung die Worte ohnehin nicht auf die Goldwaage legen. Notwehr liegt beim Anspucken z.B. auch dann vor, wenn der Schlag auf die Nase als unmittelbare Reaktion erfolgt und der Notwehrübende davon ausgehen konnte, dass weitere Beleidigungen bzw. Tätlichkeiten folgen würden. Auch wenn Notwehr einen gegenwärtigen angriff voraussetzt, darf dies nicht so ausgelegt werden, als müsse der Spuckende gerade in Moment des Spuckens erwischt werden.
Will man die Notwehrbefugnis einschränken, dann kann man versuchen dies über eine teleologische Reduzierung des Notwehrrechtes zu erreichen. Z.B. schränkt die Rechtsprechung die Notwehrbefugnis bei erkennbar Schuldunfähigen (Kleinkindern, besinnungslos Betrunkenen) dahingehende ein, das nur "Trutzwehr" - also reine Verteidigungshandlungen - zulässig sein sollen. Daran könnte man hier denken, weil sich die Mutter erkennbar im Irrtum befunden haben könnte, und ihrerseits angenommen haben wird, sich gegen den Entführer ihres Kindes zu wehren. Eine solche einschränkung des Notwehrrechts halte ich vorliegend aber für dünn.
quote:
Die Abwehr muss dabei nicht das bewusstseinsdominante Motiv sein. Kenntnis der Situation sollte reichen.
Das ist richtig. Ich habe ja nur überlegt, was den Bekannten zu einer derart heftigen Reaktion bewegt haben mag, und da fällt lediglich auf, dass die Vorgeschichte, das Zurücklassen des Kindes, schon so geschildert wird, als habe man sich darüber geärgert.
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quote:
Daran könnte man hier denken, weil sich die Mutter erkennbar im Irrtum befunden haben könnte, und ihrerseits angenommen haben wird, sich gegen den Entführer ihres Kindes zu wehren
Und ?
Gerade daraus hätte doch der Rückschluß gezogen werden müssen, daß sie bis "zum umfallen" kämpfen würde.
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Den Bodycheck könnte man durchaus noch als Notwehr gelten lassen.
Der 'Nachschlag' auf die Nase ist davon jedoch keinesfalls erfasst.
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"Die Beiträge stellen ausschließlich meine persönliche Meinung/Interpretation dar !
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quote:
Und ? Gerade daraus hätte doch der Rückschluß gezogen werden müssen, daß sie bis "zum umfallen" kämpfen würde.
Sie haben die Analogie doch gar nicht begriffen.
Das Notwehrrecht soll nach der Rechtsprechung bei erkennbar Schuldunfähigen eingeschränkt sein, obwohl nach dem Gesetzwortlaut auch dort uneingeschränkt Notwehr zulässig wäre, denn auch Schuldunfähige können natürlich einen rechtswidrigen Angriff unternehmen. Aus diesem Grund darf man z.B. keine fünfjährigen Kinder ausknocken, wenn sie älteren Damen Unverschämtheiten über den Gartenzaun zurufen.
Ähnliches könnte man hier annehmen, da der Bekannte sicherlich erkennen konnte, das sich die Mutter in einem schuldausschließenden Rechtfertigungsirrtum befunden haben könnte, da sie an eine Entführung des Kindes geglaubt haben mag.
Das ist aber nur eine strafrechtliche Idee – die ich selbst für wackelig halte.
quote:
Der 'Nachschlag' auf die Nase ist davon jedoch keinesfalls erfasst.
Auch gegen Beleidigungen (=Anspucken) darf man sich wehren – auch mit einem Schlag auf die Nase. Das Gegenwärtigkeitserfordernis ist dabei nicht derart eng auszulegen, dass der Beleidigende gerade im Moment der Beleidigung (=beim Spucken) getroffen werden muss. Es reicht aus, dass mit der Fortsetzung der Beleidigungen zu rechnen war.
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Sie haben die Analogie doch gar nicht begriffen.
So ein Pech aber auch.
Notwehr = Abwehr einer Gefahr für die eigene Person.
Das diese Gefahr evtl. von einem "erkennbar Schuldunfähigen" ausgeht, mindert sie doch um keinen Deut.
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@Mortilein
Sie dürfen nicht bei "Notwehr für Anfänger" stehen bleiben, sondern sollten sich mal die von der Rechtssprechung entwickelten Fallgruppen angucken, in denen das Notwehrrecht eingeschränkt - nicht ausgeschlossen - ist. Dies ist bei Angriffen erkennbar Schuldunfähiger nun einmal so.
Ob diese Fallgruppe aber auch hier einschlägig ist, halte ich selbst für fraglich, weil dem Bekannten dann zugemutet werden müsste, dass er die rechtlich zutreffenden Schlussfolgerungen - die besorgte Mutter befindet sich in einem schuldausschließenden Rechtfertigungsirrtum - hätte treffen müssen (und sich überdies die Mutter tatsächlich in einem solchen Irrtum hätte befinden müssen).
Den Gedanken möchte ich aber nicht weiter vertiefen, es sei denn, jemand will das weiter diskutieren.
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die von der Rechtssprechung entwickelten Fallgruppen
Mann, müssen die Langeweile gehabt haben.
Abgesehen davon dürfte sich keiner von denen jemals in einer Notwehrsituation befunden haben.
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Mann, müssen die Langeweile gehabt haben.
Abgesehen davon dürfte sich keiner von denen jemals in einer Notwehrsituation befunden haben.
Gerade die Fallgruppe "Schuldunfähigkeit infolge besinnungsloser Besoffenheit" ist Strafrechtlern, denen nichts menschliche fremd ist, sehr wohl bekannt!
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"Schuldunfähigkeit infolge besinnungsloser Besoffenheit"
Mal unterstellt, daß das jetzt korrekt zitiert war:
Welche Gefahr soll eigentlich von einem Besinnungslosen ausgehen (wenn er nicht gerade am Steuer Deines Taxis sitzt) ?
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Solange Sie "besinnungslos" nicht gerade wörtlich verstehen, sind ein paar gelallte Beleidigungen allemal drinnen.
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ein paar gelallte Beleidigungen
Der Typ ist in Rage. Da kommen die Worte anders als bei einem Hochzeitstoast. Außerdem könnte der ja auch einen Sprachfehler haben.
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und die Mutter kommt aus dem Markt geschossen und fängt an, auf meinen Bekannten einzuschlagen. Sie scheint zu diesem Zeitpunkt überhaupt keinen Überblick über die Situation gehabt zu haben.
Etwas gewagt, darauf auf eine Schuldunfähigkeit der Mutter zu schließen.
Es sind doch drei Teilakte:
1. Mutter kommt raus und fängt an zu schlagen. Dagegen wehrt er sich mit einem Tritt.
Das ist Notwehr.
2. Er nimmt Anlauf (!) und verpasst ihr den Bodycheck.
Wo bitte ist da noch ein gegenwärtiger Angriff? Das war doch mehr ein "für den Fall das sie nochmal loslegt, gebe ich ihr lieber eins mit".
3. Sie spuckt ihn an. Er schlägt sie auf die Nase.
Das ist schlichtweg Rache bzw. Selbstjustiz, auch wenn es in dieser Situation irgendwie verständlich ist. In dieser Situation, in der er schlägt, findet kein Angriff statt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein (weiterer) Angriff bevor steht.
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