Mindestlohn für Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst

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Urteil häufig missverstanden

Das Arbeitsgericht Aachen hat sich in einem aktuellen Urteil zur Vergütung von Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) geäußert.

Die Überschrift der entsprechenden Pressemitteilung „Die Vergütung von Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst ist mit dem Mindestlohngesetz vereinbar“ ist dabei leicht missverständlich. An anderer Stelle wurde das Urteil mit „Mindestlohn wirkt sich nicht auf Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst aus“ beschrieben, was ebenso irreführend ist. Bei einer oberflächliche Betrachtung kann nämlich der Eindruck entstehen, eine Vergütung von Bereitschaftszeiten unterhalb von 8,50€ pro Stunde sei zulässig. Dies ist aber falsch.

Der klagende Arbeitnehmer war im Rettungsdienst beschäftigt. In seinen Schichten fiel neben Voll-Arbeitszeit auch Bereitschaftszeit an. Dies ist im Rettungsdienst, z. B. bei 24-Stunden-Schichten, vielfach üblich.

Dabei wurde für die Bereitschaftszeit ein Stundensatz unter den gesetzlich vorgeschriebenen 8,50€ gezahlt.  Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass dies grundsätzlich möglich ist, wenn sich zumindest im Wochenschnitt eine Brutto-Vergütung von über 8,50 € pro Stunde ergibt. Dies war beim Kläger der Fall, sein Bruttostundenlohn inkl. der Bereitschaftszeiten lag bei über 12,- €.

Folgerichtig hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, da der Kläger deutlich über Mindestlohn bezahlt wurde. Ein Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. November 2014, 5 AZR 1101/12, liegt daher auch nicht vor. Das Bundesarbeitsgericht hatte in dieser Entscheidung festgestellt, dass ein Mindestlohn grundsätzlich auch für Zeiten der Arbeitsbereitschaft zu zahlen ist.

Der Volltext der Entscheidung des Arbeitsgerichts findet sich hier.

Wie sollte nun ein Arbeitnehmer vorgehen, um zu prüfen, ob er Mindestlohn-konform bezahlt wird?

Dies ist rechnerisch relativ einfach zu ermitteln. Zunächst sollte der Arbeitnehmer die Arbeitszeit inklusiv Bereitschaftszeiten ermitteln. Angenommen bei einer 24-Stunden-Schicht sollen 16 Stunden Vollarbeitszeit und 8 Stunden Bereitschaftszeit anfallen, liegen 24 Stunden zu vergütende Arbeitszeit vor. Diese 24 Stunden sind dann mindestens mit je 8,50 € brutto zu vergüten. Für die 24-Stunden-Schicht müssen dem Arbeitnehmer somit mindestens 204,- € brutto gezahlt werden.

Leserkommentare
von dangertheo am 21.05.2015 12:44:21# 1
Hallo Zusammen,
in den Urteilen geht es immer um Bereitschaftszeit.

Wie ist den dies mit der unbezahlten Verlängerung der Arbeitszeit zu sehen?


Wir arbeiten anstatt den 38.5h, 45h oder 48h pro Woche ohne finanziellen Ausgleich.

Vielen Dank führ Ihre Mühe und Antwort
    
von Rechtsanwalt Guido C. Bischof am 26.05.2015 18:31:19# 2
Eine "unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit" ist nur möglich, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Verlängerung der Arbeitszeit einvernehmlich vereinbaren. Auch dann muss rechnerisch pro Stunde mindestens 8,50 € brutto gezahlt werden.

Guido C. Bischof
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
    
von dangertheo am 26.05.2015 22:54:53# 3
Danke. Ich hahe nie zugestimmt. Ds ganze ist im DRK Tarifvertrag wohl geregelt.
    
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