Krankgeschrieben – Was ist erlaubt?

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Urlaubsreisen, Konzertbesuche, Versorgungsgänge – Irrtümer und Fakten rund um die Krankschreibung von Arbeitnehmern

Wer krank ist, muss zu Hause bleiben - das stimmt nicht immer, denn der Arbeitnehmer muss selbst einschätzen, ob er arbeiten kann. Manche bleiben mit Kopfschmerzen zu Hause, andere werfen bei einer Grippe eine Pille ein und erscheinen zur Arbeit.

Es muss der erkrankten Person unmöglich oder unzumutbar sein zu arbeiten – dann ist er krank genug, um zu Hause zu bleiben. Arbeitsunfähig ist, wer seiner Gesundheit schaden würde, wenn er zur Arbeit geht.

Ist der Arbeitnehmer einmal tatsächlich krank geschrieben, erlaubt das Arbeitsrecht grundsätzlich alles, was keinen negativen Einfluss auf den Heilungsprozess hat. Während seiner Arbeitsunfähigkeit darf er daher allen Tätigkeiten nachgehen, die seiner Genesung nicht im Wege stehen. Die Genesung darf also nicht erschwert oder verzögert werden.

Die an der Erkrankung orientierte Bewertung, welche Tätigkeiten einem erkrankten Arbeitnehmer ohne negativen Einfluss noch möglich sind, kann zu einer besonderen Konfliktsituation führen, da dem Arbeitgeber die Art der Erkrankung nicht bekannt ist. Auf dem „gelben Schein" wird keine Diagnose angegeben. Wenn der erkrankte Arbeitnehmer Aktivitäten unternehmen möchte, die beim Arbeitgeber auf Unverständnis stoßen könnten, bietet es sich an, die gestellte Diagnose dem Arbeitgeber mit der Krankmeldung freiwillig mitzuteilen.

Wer krank ist darf nicht arbeiten?

Fühlt der Arbeitnehmer sich wieder fit, kann er arbeiten gehen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beinhaltet nur eine Prognose über die voraussichtliche Dauer der Erkrankung. Sie stellt kein Beschäftigungsverbot dar. Kein Arzt kann sicher voraussagen, wie lang der Patient wirklich krank ist. Eine Krankenbescheinigung muss daher nicht ausgeschöpft werden.

Versorgungsgänge können ohne Einschränkung erledigt werden

Ordnet der Arzt Bettruhe an, sollte man dem folgen und sich nicht außerhalb der Wohnung bewegen. In jedem Fall können aber Versorgungsgänge zur Post, zur Apotheke, zu Ärzten und auch zum Einkaufen gemacht werden. Dabei kann das Ziel des Einkaufs auch einmal ein entfernterer Discounter, ein Fachgeschäft oder ein Bekleidungsgeschäft sein, wenn man von dort etwas braucht. Bummeln gehen in der Innenstadt ist hingegen nicht mit jeder Krankheit vereinbar.Eine strenge Bettruhe wird heute von Ärzten kaum mehr angeordnet. Eher ergeht der Hinweis an den Patienten, sich so weit wie möglich zu schonen. Damit ist ein kurzer und erholsamer Spaziergang nicht ausgeschlossen, während anstrengende sportliche Tätigkeiten sowie der längere Aufenthalt in Freizeiteinrichtungen nicht sinnvoll sind.

Wechseln des Aufenthaltsortes

Wenn der Partner in einer anderen Wohnung wohnt, ist auf Grund der besseren Betreuung der vorübergehende Einzug bei diesem für den Heilungsprozess oft förderlich. Sinnvoll ist für jüngere Menschen auch das Einquartieren bei den Eltern, bis man wieder genesen ist. Ähnliches gilt, wenn der Patient den Aufenthalt in einem Luftkurort oder am Meer anstrebt, ohne dass er eine spezielle Kur beantragt, denn die gute Luft soll bekanntlich Wunder wirken.

Konzerte und Restaurants

Besonders häufig treten Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Besuchen von Gaststätten und Restaurants während einer Krankschreibung auf.

Gegen den Besuch einer Gaststätte oder Kantine ist generell nichts einzuwenden. Das gilt besonders dann, wenn der erkrankte Arbeitnehmer infolge seines Leidens nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen selbst kochen kann. Ist man wegen einer Magen-Darm-Erkrankung arbeitsunfähig, dann sollte man am besten nicht in ein Restaurant gehen. Ein Sportlehrer mit einem gebrochenem Fuß ist hingegen nicht daran gehindert, sich in Restaurants u.ä. aufzuhalten.

Ein Disco- oder Konzertbesuch sollte jedoch in diesem Fall aufgrund der Gefahren für den Fuß vermieden werden. Ist viel los, steigt beispielsweise die Gefahr, dass man hinfällt und sich schwerer verletzt als man es sowieso schon ist.

Fällt ein Familienfest wie ein runder Geburtstag oder eine Hochzeit in den Krankheitszeitraum, so kann man daran teilnehmen, wenn es die Erkrankung zulässt.

Kino, Computer und Autofahren

Der Kinobesuch und die Computernutzung während einer Krankschreibung führen ebenfalls häufig zu Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebner und Arbeitnehmer. Generell gilt, dass ein wegen einer Bindehautentzündung oder ähnlichen Krankheit arbeitsunfähiger Arbeitnehmer seine Augen schonen muss und weder auf eine Kinoleinwand noch auf ein Fernsehgerät oder einen Computer blicken sollte.

Autofahren ist nur dann nicht ratsam, wenn die Art der Erkrankung oder die einzunehmenden Medikamente zu einer besonderen Gefährdung im Straßenverkehr führen.

Sport

Manchmal unterstützt Sport während der Krankschreibung den Heilungsprozess. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Besuch eines Schwimmbades nach einer Verletzung am Bewegungsapparat. Übungen im Wasser begünstigen die Heilung und sind somit sinnvoll. Gleiches gilt für weitere sportliche Übungen in einem Fitness-Center. Allerdings sollte die Grenze zum Leistungssport nicht überschritten werden. Mit einer Erkältung ins Schwimmbad zu gehen ist wiederum keine gute Idee.

Krank zur Arbeit

In einigen Fällen stellt sich einem erkrankten Arbeitnehmer die Frage, ob er die Firmenräume während einer Krankschreibung betreten darf. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, Ausnahmen stellen lediglich ansteckende Krankheiten u.ä. dar. Somit kann ein Arbeitnehmer, der wegen eines gebrochenen Arms oder einer Augenkrankheit keinen Computer bedienen kann, auf seinen Wunsch hin durchaus an einer Betriebsversammlung o.ä. teilnehmen.

Urlaubsreisen

Ein Problem stellen immer wieder Urlaubsreisen dar, gerade dann, wenn keine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen wurde. Ist man nur leicht erkrankt und fliegt in den Urlaub, ist das kein Problem. Ist die Abreise für den Samstag geplant und wird man wegen eines Hexenschusses ab Donnerstag für eine Woche krankgeschrieben, ist das kein Grund, nicht zu fliegen. Eine Krankschreibung allein für Donnerstag und Freitag ist in diesem Fall sinnvoll. Wer eine Reise geplant hat, sollte sich einmal mit dem behandelnden Arzt besprechen.

In jedem Fall ist eine Heimreise erlaubt, was besonders für Arbeitnehmer wichtig ist, die während der Woche pendeln, um dort der Arbeit nachzugehen.

Kündigungsschutz bei Krankheit?

Die krankheitsbedingte Kündigung ist die häufigste der personenbedingten Kündigungen – ständige kurze Erkrankungen, Langzeiterkrankungen oder krankheitsbedingter Leistungsabfall können einen Kündigungsgrund darstellen. Es bedarf dabei nicht einmal einer Vorwarnung in Form einer Abmahnung. Allerdings verlangt der Gesetzgeber vor der Kündigung eine so genannte Stufenprüfung. Es muss begründet anzunehmen sein, dass der Arbeitnehmer weiterhin krankheitsbedingt fehlen wird. Darüber hinaus muss feststehen, dass die Fehlzeiten dem Unternehmen schaden. Letztlich müssen die Interessen des erkrankten Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes gegen die Interessen des Arbeitgebers wegen der Beeinträchtigung umfassend abgewogen werden.

Kündigung, Abmahnung und keine Entgeltfortzahlung

Für die Verzögerung der Genesung, die der Arbeitnehmer zu verschulden hat, muss der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung für den Krankheitsfall leisten. Darüber hinaus riskiert der Arbeitnehmer eine Abmahnung wegen Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Eine vorgetäuschte Krankheit kann auch ohne Abmahnung eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer, der nachgewiesenermaßen seine Krankheit nur vortäuscht, begeht dadurch eine schwere Vertragsverletzung.

Dipl. jur. Denise Gutzeit

Leserkommentare
von Juraknecht am 14.06.2013 12:45:32# 1
"Wenn der erkrankte Arbeitnehmer Aktivitäten unternehmen möchte, die beim Arbeitgeber auf Unverständnis stoßen könnten, bietet es sich an, die gestellte Diagnose dem Arbeitgeber mit der Krankmeldung freiwillig mitzuteilen."
Ich halte diesen Ratschlag für äußerst fragwürdig und gefährlich. Denken Sie mal diese Taktik zu Ende...
    
von Teiger18 am 17.02.2015 01:30:02# 2
Wenn man gekundigt hat und arbeitet der letzte Monat, darf man Krankgeschrieben sein?
    
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