Strafbewehrte Unterlassungserklärung – Vertragsstrafenversprechen – "Alter" und "neuer" "Hamburger Brauch"

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Nehmen wir einen einfachen Fall: Unternehmer U verkauft sehr erfolgreich Weine aus dem Rheingau. Sein Konkurrent K ist wenig erfreut über die wirtschaftlichen Erfolge des U und schaltet eine Werbekampagne, in der er die Weine des U fälschlicherweise als mit Pestiziden verseucht darstellt und zum Kauf seiner eigenen rät. Da U nun Angst um sein Geschäft hat will er natürlich gegen die Werbung des K vorgehen. 

U.a. liegt in einem solchen Verhalten ein Wettbewerbsverstoß gem. § 4 Nr. 8 UWG (Gesetz über den unlauteren Wettbewerb). In diesem wird allgemein das Marktverhalten der Marktteilnehmer geregelt. Als Folge eines solchen Verstoßes sieht es zum Einen vor, dass K dem U seine entstandenen Schäden zu ersetzen hat, § 9 S.1 UWG. Dieser Anspruch hängt vor allem davon ab, inwiefern U seine Schäden (dazu gehören auch die entgangenen Gewinne) nachweisen kann.

Rechtlich wesentlich schwieriger zu handhaben und u.U. auch folgenreicher ist dahingegen der Unterlassungsanspruch, der U ebenfalls zusteht (§ 8 Abs. 1 UWG). Denn das wohlverstandene Interesse des U geht nicht nur dahin, seine Schäden aus der Vergangenheit ersetzt zu bekommen, sondern auch zu verhindern, dass K in Zukunft weitere umsatzschädigende Wettbewerbsverstöße dieser Art begeht.

Dafür gibt ihm das Gesetz einen Unterlassungsanspruch an die Hand. Um diesen zu erfüllen hat der K nun die Möglichkeit, eine Unterlassungserklärung abzugeben mit welcher er erklärt, entsprechende Verstöße nicht wieder zu begehen.

Allerdings genügt insofern nicht das reine Versprechen nicht wieder rechtsbrüchig zu werden (das an sich sollte eine Selbstverständlichkeit sein), sondern um die Wiederholungsgefahr auszuschließen muss er sich auch verpflichten, im Fall einer Zuwiderhandlung eine Strafe an den U zu zahlen (sog. Vertragsstrafe). Eine solche Verpflichtung ist deswegen nötig, weil die Gerichte relativ schnell gemerkt haben, dass ihr oftmals nur dann nachgekommen wird, wenn sie mit entsprechenden Sanktionen belegt ist.

Für einen Anwalt stellen sich in dieser Situation nun mehrere Fragen. In weniger klaren Fällen als dem vorgestellten kann bereits fraglich sein, ob ein entsprechender Rechtsverstoß überhaupt vorliegt. Ein weiterer Schritt ist, welche Verhaltensweisen von der Unterlassungserklärung abgedeckt sein sollen. Denn eine zu weit gefasste Erklärung ist zwar rechtlich nicht schädlich, kann aber die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Mandanten beschränken und ein zu weites Haftungsrisiko schaffen.

Letztlich ist auch immer zu fragen, wie hoch die Vertragsstrafe anzusetzen ist um eine Wiederholungsgefahr wirksam auszuschließen. Naturgemäß wird der Gläubiger ein hohes Interesse an einem möglichst hohen Vertragsstrafenversprechen haben, während der Unterlassungsschuldner eher eine niedrige Summe versuchen wird durchzusetzen.

Hierfür haben sich im Wesentlichen zwei Methoden herausgebildet, der sog. „alte“ und „neue“ „Hamburger Brauch“.

Der „alte Hamburger Brauch“ legt dabei die Bestimmung der Vertragsstrafe in das Ermessen eines Gerichts, während der „neue Hamburger Brauch“ die Bestimmung dem Gläubiger überlässt, dessen Ermessen als gerichtlich überprüfbar erklärt. Letztere Lösung liegt schon konstruktiv wesentlich näher an der verwandten Regelung des § 315 BGB, macht aber auch sachlich mehr Sinn, da die beiden streitenden Parteien oftmals eine höhere Sachkenntnis besitzen als das erkennende Gericht und damit zu interessengerechteren Lösungen kommen können, als es der Justiz evt. möglich wäre. Insofern genügt es, die so veranschlagte Vertragsstrafe auf ihre Unbilligkeit hin überprüfen zu lassen. Nicht zuletzt können so auch die Gerichte entlastet werde.

Wie hoch die Vertragsstrafe billigerweise anzusetzen ist, ist stark einzelfallabhängig. Es kommt auf eine Vielzahl von Faktoren an, wie etwa der schwere der Verstöße oder der Wahrscheinlichkeit der Wiederholungsgefahr. Auch zwischen den Rechtsgebieten ergeben sich teils erhebliche Unterschiede. So kann eine Vertragsstrafe im Urheberrecht gänzlich anders ausfallen als bspw. im Marken- oder Patentrecht.

Mitnehmen sollte man auf jeden Fall, dass mit strafbewehrten Unterlassungserklärungen nicht zu spaßen ist. Je nachdem von welcher Seite man die Medaille betrachtet, können sie ein scharfes Schwert im Kampf um Marktanteile oder Gefahren darstellen. Insofern ist anzuraten, stets einen Anwalt aufzusuchen, wenn es um derartige Probleme geht. Auf Grund eines möglichen – i.Ü. auch sehr kostspieligen – einstweiligen Verfügungsverfahrens kann zudem nur davor gewarnt werden, im Ansehen einer Abmahnung gleich aus welchem Rechtsgebiet untätig zu bleiben.

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