Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge

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Das Wechselmodell darf grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden

Die getrennt lebenden Eltern eines Kindes stritten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht (ABR). Beim Familiengericht wurde ein Antrag auf Übertragung des Sorgerechts / eines Teils des Sorgerecht gestellt. Das Kammergericht Berlin hatte als Beschwerdeinstanz über diesen Fall zu entscheiden. (Beschluss vom 14.03.2013, Az. 13 UF 234/12)

Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge

Das Gericht führte in seiner Entscheidung allgemein zu den Voraussetzungen eines Sorgerechtsantrags aus:

Steffen Bußler
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„Dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teiles der elterlichen Sorge (z.B. Aufenthaltsbestimmungsrecht, ABR) stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge bzw. eines Teilbereichs von dieser und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entsprechen. Maßstab für die Entscheidung … ist das Kindeswohl. Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind
- die Bindungen des Kindes,
- die Prinzipien der Förderung (Erziehungseignung) und der Kontinuität,
- Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit der beiden Eltern sowie
- die Beachtung des Kindeswillens."

Dabei ist Folgendes zu beachten:

„Die einzelnen Kriterien stehen aber nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Erforderlich ist eine alle Umstände des Einzelfalls abwägende Entscheidung. Hierbei sind alle von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Gesichtspunkte in tatsächlicher Hinsicht soweit wie möglich aufzuklären und unter Kindeswohlgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen, um eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen."

Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge

„Die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge setzt in aller Regel eine tragfähige soziale Beziehung der Eltern voraus. Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass eine Verständigung der Eltern über wichtige Sorgerechtsfragen in einer Art und Weise möglich ist, die auch bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleistet (Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit der beiden Eltern). Elterliche Gemeinsamkeit lässt sich weder vom Gesetzgeber noch von den Gerichten verordnen; streiten sich Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen Sorge fortwährend über die das Kind betreffenden Angelegenheiten, kann dies zu Belastungen führen, die mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sind. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Senats erfüllt."

Zudem stellte das Kammergericht Berlin fest:

Gegen den Willen eines Elternteils kann ein Betreuungs-Wechselmodell nicht familiengerichtlich angeordnet werden.

„In Ausnahmefällen kann auch gegen den Willen eines Elternteils ein Wechselmodell familiengerichtlich angeordnet werden. Voraussetzung ist jedoch, dass dieses zur Wahrung des Kindeswohls geboten ist und dem eindeutig geäußerten und belastbaren Willen des Kindes entspricht."…

„Stehen die Eltern bereits miteinander erheblich im Konflikt, d.h. die Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit der beiden Eltern ist erheblich gestört, würde das Wechselmodell einem Kind eher schaden. Es bestünde regelmäßig die Gefahr, dass die zwischen den Eltern entstehenden Konflikte aufgrund der fehlenden Kommunikation - wenn auch ungewollt - auf dem Rücken des Kindes ausgetragen werden. Häufig werden auch nicht aufgearbeitete Probleme der Eltern auf der Partnerschaftsebene weitere Konflikte mit sich bringen. Daneben ist für viele Kinder ein eindeutiger Lebensmittelpunkt unabdingbar. Ein ständiger Wechsel zwischen zwei Haushalten, ohne ein eindeutiges Zuhause, dient nicht dem Kindeswohl."

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